Was der neue Koalitionsvertrag (vielleicht) bringt
- Eva Heinz-Zentgraf
- vor 4 Tagen
- 4 Min. Lesezeit

Ach ja, der Koalitionsvertrag – eine Art politische Wunschliste, bei der man nie so genau weiß, ob das Christkind am Ende auch wirklich kommt.
CDU/CSU und SPD haben sich jedenfalls am 9. April 2025 auf eine Reihe steuerpolitischer Neuerungen geeinigt.
Und was soll ich sagen?
Da ist ordentlich Musik drin!
Aber: Noch ist das Ganze Zukunftsmusik. Denn wie immer bei Koalitionsverträgen gilt – sie sind keine Gesetzestexte. Sondern eher sowas wie ein Poesiealbum politischer Visionen.
Ob daraus echte Gesetzesblätter werden, steht (noch) in den Sternen. Aber schauen wir uns mal an, was uns da eventuell bevorsteht – und was das für euch bedeutet, ganz gleich ob Steuerpflichtige, Unternehmer, Rentner oder Ehrenämtler.
Einkommensteuer – Ein bisschen Entlastung gefällig?
Mehr Netto durch weniger Steuer?
Kleine und mittlere Einkommen sollen laut Vertrag spürbar entlastet werden. Was genau „spürbar“ heißt, bleibt offen – aber wer weiß? Vielleicht bleibt ja nach dem Wocheneinkauf noch was fürs Eis übrig. Und: Wer Überstunden schrubbt, könnte sich freuen – denn die Zuschläge dafür sollen steuerfrei werden.
Motivation für Vollzeit & Pendler
Teilzeit soll sich weniger lohnen als Vollzeit – zumindest steuerlich. Wer seine Arbeitszeit aufstockt, könnte steuerlich belohnt werden. Parallel dazu soll die Pendlerpauschale ab dem ersten Kilometer dauerhaft auf 38 Cent steigen (ab 1.1.2026). Das dürfte besonders Pendler freuen, für die Bus und Bahn meist eher theoretische Optionen sind.
Rentner aufgepasst
Auch wer nach Erreichen des Rentenalters freiwillig weiterarbeitet, könnte steuerlich belohnt werden – mit bis zu 2.000 € steuerfreiem Zuverdienst im Jahr. Ein Signal an alle, die sich nicht aufs Altenteil zurückziehen wollen – oder können.
Familien im Fokus
Die Koalition will die Schere zwischen Kindergeld und Kinderfreibetrag weiter schließen. Auch Alleinerziehende könnten durch einen höheren Entlastungsbetrag profitieren – ein Schritt in Richtung mehr Steuergerechtigkeit für Familienmodelle jenseits der klassischen Kleinfamilie.
Unternehmensbesteuerung – Zwischen Erleichterung und Belastung
Körperschaftsteuer: Der Countdown läuft
Ab dem 1.1.2028 soll die Körperschaftsteuer in fünf Schritten gesenkt werden – jeweils um 1 Prozentpunkt. Das klingt zunächst gut für Kapitalgesellschaften, kommt aber mit Zeitverzögerung. Wer kurzfristig auf Entlastung hofft, muss sich noch ein paar Steuerjahre gedulden.
Degressive Abschreibung reloaded
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens dürfen in den Jahren 2025 bis 2027 wieder degressiv abgeschrieben werden – mit satten 30 %. Ein attraktiver Anreiz für Unternehmen, in Ausrüstung zu investieren – und ein kleiner Ausflug zurück in die Finanzpolitik von früher.
Gewerbesteuer: Mehr ist mehr?
Was weniger gut klingt: Der Mindesthebesatz der Gewerbesteuer soll von 200 % auf 280 % steigen. Klingt trocken? Ist es auch. Bedeutet aber de facto: Gemeinden mit bislang niedrigem Hebesatz müssen anziehen – für Unternehmen vor Ort kann das teuer werden.
Indirekte Steuern – Was auf dem Teller und auf der Stromrechnung passiert
Gastro freut sich: 7 % bleiben
Ein echter Dauerbrenner ist die Umsatzsteuer auf Speisen in der Gastronomie. Nach mehreren Hin und Her will man nun Nägel mit Köpfen machen – ab 1.1.2026 sollen es dauerhaft 7 % bleiben. Das dürfte nicht nur Gastwirte aufatmen lassen, sondern auch die Gäste.
Energie: Stromsteuer runter, Netzentgelte auch
Die Stromsteuer soll auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden. Parallel dazu will man die Übertragungsnetzentgelte reduzieren. Klingt nach einer fairen Maßnahme – nicht nur für Privathaushalte, sondern auch für energieintensive Unternehmen.
Gemeinnützigkeit – Mehr Luft für Ehrenamt und Vereine
Mehr Pauschale, weniger Bürokratie
Übungsleiterpauschale und Ehrenamtspauschale sollen erhöht werden – auf 3.300 € bzw. 960 €. Gemeinnützige Organisationen dürfen künftig auch 50.000 € aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben einnehmen, ohne ihre Gemeinnützigkeit zu gefährden.
Und besonders interessant: Das „Zwangskorsett“ der zeitnahen Mittelverwendung fällt für Einnahmen bis 100.000 € weg. Damit sagt man der Bürokratie den Kampf an – zumindest ein bisschen.
Sonderregelungen rund um E-Fahrzeuge
Elektrofahrzeuge: Steuerfreiheit und Sonderabschreibung
Die Förderung für E-Fahrzeuge geht weiter: Bruttolistenpreisgrenze für die steuerliche Förderung wird auf 100.000 € angehoben. Dazu gibt’s eine neue Sonderabschreibung. Und auch die Kfz-Steuerbefreiung für E-Autos soll bis 2035 verlängert werden.
Ein klares Signal: Elektromobilität bleibt politisch gewollt – und steuerlich attraktiv.
Digitalisierung und Steuerbürokratie
Digitalisierung: Die Verwaltung macht sich (hoffentlich) hübsch
Klingt nach Zukunftsvision, ist aber bitter nötig: Die digitale Abgabe von Steuererklärungen soll Schritt für Schritt verpflichtend werden. Und: Künstliche Intelligenz soll Einzug in die Finanzverwaltung halten. Ob das bedeutet, dass der Steuerbescheid künftig auch mal charmant zurückgrüßt, bleibt abzuwarten 😅
Bekämpfung von Steuervermeidung und -hinterziehung
Schwarze Liste – jetzt wirklich schwarz?
Die Koalition will unkooperative Steuerhoheitsgebiete konsequenter bekämpfen – etwa durch die Aufnahme in die Schwarze Liste der EU. Klingt nach internationalem Steuer-Gerechtigkeitsdrang – bleibt aber auch hier abzuwarten, wie viel Durchsetzungskraft man am Ende wirklich in der Hand hat.
Quintessenz des neuen Koalitionsvertrags
Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD liest sich wie ein ambitionierter Katalog an steuerpolitischen Wünschen. Vieles davon klingt auf dem Papier gut – aber (und das ist ein dickes aber): Es ist eben ein Koalitionsvertrag und (noch) kein Gesetz!
Was wir daraus mitnehmen können:
Für Arbeitnehmer: Es könnte echte Entlastung geben – Pendlerpauschale, steuerfreie Überstunden und weniger Einkommensteuer für mittlere Einkommen.
Für Rentner: Ein steuerfreier Zuverdienst im Ruhestand macht Weiterarbeiten attraktiver.
Für Unternehmen: Zwischen Abschreibungserleichterung und Steuererhöhungen (Gewerbesteuer!) wird es ein gemischtes Bild geben.
Für Ehrenamtliche & Vereine: Weniger Bürokratie und höhere Pauschalen – ein Schritt in die richtige Richtung.
Für die Gastronomie: Endlich Klarheit – und Planungssicherheit mit dem dauerhaften 7-%-Satz.
Für die Finanzverwaltung: Die Zukunft heißt digital – und das nicht erst übermorgen.
Noch ist alles Zukunftsmusik. Doch wer zwischen den Zeilen liest, erkennt: Da könnte sich richtig was bewegen.
Oder eben auch nicht.
Denn wie heißt es doch so schön im Steuerrecht: In der Theorie ist alles klar – in der Praxis oft ein Abenteuer 🎯