Statischer vs. dynamischer Kapitalwert
- Eva Heinz-Zentgraf
- 19. Juni
- 3 Min. Lesezeit

Investitionsentscheidungen sind das Herzstück langfristiger Unternehmensstrategien.
Doch wie trifft man diese Entscheidungen am besten?
Zwei zentrale Ansätze zur Bewertung von Investitionen sind der statische Kapitalwert und der dynamische Kapitalwert.
Beide haben ihren Platz, aber sie basieren auf unterschiedlichen Prämissen und bieten jeweils spezifische Vorteile und Einschränkungen.
Kapitalwert: Die zentrale Kennzahl
Der Kapitalwert ist eine Kennzahl, die den finanziellen Vorteil oder Nachteil einer Investition ausdrückt. Er berechnet sich als Differenz zwischen den erwarteten Einzahlungen und Auszahlungen.
Das Ziel ist es, die Vorteilhaftigkeit einer Investition zu beurteilen:
Ein positiver Kapitalwert zeigt, dass eine Investition profitabel ist.
Ein negativer Kapitalwert signalisiert, dass die Investition Verluste generiert.
Doch nicht alle Kapitalwerte sind gleich. Der Unterschied zwischen der statischen und dynamischen Betrachtung liegt in der Berücksichtigung des Zeitwertes des Geldes.
Statischer Kapitalwert: Einfach, aber mit Schwächen
Was ist der statische Kapitalwert?
Der statische Kapitalwert ignoriert den Zeitwert des Geldes. Das bedeutet, dass alle zukünftigen Ein- und Auszahlungen als gleichwertig angesehen werden – unabhängig davon, wann sie anfallen. Die Berechnung erfolgt mit einer einfachen
Die Berechnung erfolgt mit der Formel:

Legende:
C0: Kapitalwert
CE: Summe aller Einzahlungen
CA: Summe aller Auszahlungen
Vorteile
Einfache Anwendung: Die Berechnung erfordert keine Zins- oder Diskontierungssätze.
Übersichtlichkeit: Die Methode eignet sich gut für schnelle und grobe Einschätzungen.
Nachteile
Fehlende Zeitwertbetrachtung: Ein Euro heute wird genauso bewertet wie ein Euro in zehn Jahren.
Unrealistische Annahmen: Sie berücksichtigt weder Zinseszinsen noch die Abzinsung, was in der realen Welt kaum vorkommt.
Dynamischer Kapitalwert: Präzise, aber aufwendiger
Was ist der dynamische Kapitalwert?
Der dynamische Kapitalwert berücksichtigt den Zeitwert des Geldes. Dies geschieht durch die Abzinsung (Diskontierung) aller zukünftigen Zahlungsströme auf den heutigen Zeitpunkt.
Die Berechnung erfolgt mit der Formel:

Legende:
C0: Kapitalwert
Et: Einzahlungen in Periode t
At: Auszahlungen in Periode t
i: Diskontierungssatz
t: Zeitperiode
n: Anzahl der Perioden
Vorteile
Zeitwert des Geldes: Die Methode liefert realistischere Ergebnisse, da zukünftige Zahlungen abgewertet werden.
Genauigkeit: Dynamische Verfahren sind besser geeignet, um langfristige Investitionen zu bewerten.
Vergleichbarkeit: Alternativen mit unterschiedlichen Laufzeiten und Zahlungsstrukturen können verglichen werden.
Nachteile
Komplexität: Die Berechnung erfordert finanzmathematische Kenntnisse.
Zinssatzabhängigkeit: Die Ergebnisse hängen stark vom gewählten Diskontierungssatz ab, dessen Festlegung oft subjektiv ist.
Der entscheidende Unterschied: Der Zeitwert des Geldes
Der grundlegende Unterschied zwischen den beiden Ansätzen liegt in der Behandlung des Zeitwerts des Geldes. Der statische Kapitalwert ignoriert, dass Geld über Zeit an Wert verliert oder gewinnt, während der dynamische Kapitalwert diesen Faktor explizit berücksichtigt. Das hat erhebliche Auswirkungen:
Statisch: Alle Zahlungsströme werden gleich behandelt, unabhängig davon, wann sie anfallen.
Dynamisch: Frühere Zahlungsströme werden stärker gewichtet als spätere, da sie früher investiert oder konsumiert werden können.
Ein praktisches Beispiel verdeutlicht den Unterschied:
Ein Unternehmen erwägt eine Investition von 10.000 €, die folgende Zahlungsströme generieren soll:
Jahr 1: 4.000 €
Jahr 2: 4.000 €
Jahr 3: 4.000 €
Bei der Berechnung des Kapitalwerts werden folgende Werte angenommen:
Statische Methode: Einfache Summe der Ein- und Auszahlungen:

Dynamische Methode: Mit einem Diskontierungssatz von 5 %:

Das Ergebnis zeigt, dass der dynamische Kapitalwert die reale wirtschaftliche Situation besser abbildet.
Wann welche Methode nutzen?
Die Wahl zwischen statischem und dynamischem Kapitalwert hängt von der Zielsetzung und den Rahmenbedingungen ab:
Statisch: Für kurzfristige Projekte oder erste grobe Einschätzungen.
Dynamisch: Für langfristige Investitionen und fundierte Entscheidungen.
Quintessenz
Der statische und der dynamische Kapitalwert sind zwei Werkzeuge mit unterschiedlichen Anwendungsbereichen.
Während die statische Methode durch Einfachheit überzeugt, bietet die dynamische Methode eine präzisere Analyse, indem sie den Zeitwert des Geldes berücksichtigt.
Für ernsthafte und langfristige Investitionsentscheidungen ist der dynamische Ansatz unverzichtbar. Dennoch bleibt die Wahl der Methode stets von den jeweiligen Anforderungen und der verfügbaren Datenbasis abhängig.