Das Steuerrecht in Deutschland entwickelt sich stetig weiter, um den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten Rechnung zu tragen.
Das jüngste Wachstumschancengesetz bringt eine Reihe von Änderungen mit sich, die für Unternehmen und Selbstständige von großer Bedeutung sind. In diesem Blogartikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die wichtigsten Neuerungen und deren Auswirkungen.
Wachstumschancengesetz: Ein Überblick über die wichtigsten Änderungen
Änderungen des Einkommensteuergesetzes
Betriebsausgabenabzug für Geschenke
Nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 EStG war der Betriebsausgabenabzug für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, bisher auf 35 Euro pro Empfänger im Wirtschaftsjahr beschränkt.
Dieser Betrag wurde zum Ausgleich der Inflation ab 2024 auf 50 Euro erhöht. Diese Anpassung ermöglicht es Unternehmen, die steigenden Kosten für Geschenke steuerlich abzusetzen und somit die finanziellen Belastungen durch die Inflation besser zu kompensieren.
Degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens
Die degressive Abschreibung (AfA) für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wurde erstmals mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz zum 1. Januar 2020 wieder eingeführt und mit dem Vierten Corona-Steuerhilfegesetz bis zum 31. Dezember 2022 verlängert.
Jetzt wurde die Möglichkeit der Inanspruchnahme der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens erweitert, die nach dem 31. März 2024 und vor dem 1. Januar 2025 angeschafft oder hergestellt werden. Durch den Vermittlungsausschuss wurde jedoch die Begrenzung der degressiven AfA verschärft.
Anstatt wie bisher das 2,5-fache der linearen AfA, maximal 25 %, beträgt die Deckelung nun das 2-fache der linearen AfA, maximal 20 %.
Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG
Die Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG kann von Betrieben in Anspruch genommen werden, die die Gewinngrenze von 200.000 Euro im Wirtschaftsjahr, das der Investition vorangeht, nicht überschreiten.
Bisher betrug die Sonderabschreibung bis zu 20 % der Investitionskosten, ab dem 1. Januar 2024 beträgt sie bis zu 40 %, nachdem ursprünglich eine Erhöhung auf 50 % geplant war.
Diese Sonderabschreibung kann unabhängig vom Investitionsabzugsbetrag geltend gemacht werden und beliebig auf das Jahr der Anschaffung oder Herstellung und die folgenden vier Jahre verteilt werden.
Verlustvortrag
Der Verlustvortrag ist bis zu einem Sockelbetrag von 1 Million Euro (bzw. 2 Millionen Euro für zusammenveranlagte Paare) im Verlustvortragsjahr unbeschränkt möglich. Für den Teil, der diesen Betrag überschreitet, war der Verlustvortrag bisher auf 60 % des Gesamtbetrags der Einkünfte (GdE) des Verlustvortragsjahres beschränkt.
Für die Veranlagungszeiträume 2024 bis 2027 wurde dieser Anteil nun auf 70 % des GdE erhöht, ab 1. Januar 2028 wird der Prozentsatz wieder auf 60 % abgesenkt. Diese Änderungen gelten gemäß § 8 Abs. 1 KStG i. V. mit § 31 Abs. 1 Satz 1 KStG gleichermaßen für die Körperschaftsteuer.
Eine parallele Änderung der Vorschriften zum Verlustvortrag bei der Gewerbesteuer wurde jedoch gestrichen, sodass es hier bei der 60 %-Beschränkung bleibt.
Private Veräußerungsgeschäfte
Bis 2023 blieben Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerfrei, wenn der erzielte Gesamtgewinn im Kalenderjahr weniger als 600 Euro betrug.
Ab 1. Januar 2024 wird diese Freigrenze auf 1.000 Euro erhöht. Diese Anpassung erleichtert es Privatpersonen, kleinere Gewinne aus Veräußerungen steuerfrei zu erzielen.
Änderungen des Gewerbesteuergesetzes
Eine wesentliche Änderung betrifft die erweiterte Kürzung für Grundstücksunternehmen gemäß § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b GewStG.
Bisher konnten diese Unternehmen die erweiterte Kürzung ihres Gewerbeertrags auch dann in Anspruch nehmen, wenn sie Einnahmen aus der Lieferung von Strom im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge erzielen, sofern diese Einnahmen nicht höher als 10 % der Einnahmen aus der Gebrauchsüberlassung des Grundbesitzes waren.
Um den Ausbau der Solarstromerzeugung und den Betrieb von Ladesäulen zu fördern, wurde diese Grenze bereits ab dem Erhebungszeitraum 2023 auf 20 % erhöht.
Änderungen des Umsatzsteuergesetzes
Mehrere wichtige Änderungen betreffen das Umsatzsteuergesetz (UStG):
Erhöhung der Grenze für die Befreiung von der Abgabe von Voranmeldungen und Entrichtung der Vorauszahlungen
Nach § 18 Abs. 2 Satz 3 UStG kann das Finanzamt den Unternehmer von dieser Verpflichtung befreien, wenn die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 1.000 Euro betrug. Ab 2025 wird dieser Betrag auf 2.000 Euro erhöht.
Erhöhung der Gesamtumsatzgrenze für die Istversteuerung
Ab 1. Januar 2024 gilt eine Gesamtumsatzgrenze von 800.000 Euro (bisher 600.000 Euro) nach § 20 Nr. 1 UStG.
Einführung der Pflicht zur elektronischen Rechnung
Ab 2025 wird der elektronischen Rechnung nach § 14 UStG Vorrang vor der Papierrechnung eingeräumt. Spätestens ab 2028 sind E-Rechnungen im B2B-Bereich verpflichtend. Bis 2027 gelten Übergangsregelungen, die eine schrittweise Anpassung ermöglichen.
Änderungen der Abgabenordnung
Die Schwellenwerte für den Umsatz und Gewinn nach § 141 AO werden ab 1. Januar 2024 erhöht. Die Umsatzgrenze beträgt zukünftig 800.000 Euro, die Gewinngrenze 80.000 Euro (bisher 600.000 Euro bzw. 60.000 Euro).
Quintessenz
Das Wachstumschancengesetz bringt eine Vielzahl von Änderungen und Anpassungen, die sowohl Unternehmen als auch Privatpersonen betreffen. Besonders hervorzuheben sind die Erhöhung des Abzugsbetrags für Geschenke, die Anpassungen bei der degressiven Abschreibung und Sonderabschreibung, die Erweiterungen beim Verlustvortrag und die Einführung der Pflicht zur elektronischen Rechnung.
Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die wirtschaftliche Stabilität zu fördern und den bürokratischen Aufwand zu reduzieren.
Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Neuerungen in der Praxis bewähren werden. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den Änderungen vertraut machen und ihre steuerliche Planung entsprechend anpassen.
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