Rating
- Eva Heinz-Zentgraf
- 24. Apr.
- 3 Min. Lesezeit

Immer wieder stoße ich in meinen Vorlesungen und Seminaren auf ein Thema, das nicht nur für Banken und Unternehmen, sondern auch für Existenzgründer und Geschäftsführer in der Erwachsenenbildung von zentraler Bedeutung ist: das Rating.
Es ist der Schlüssel, um die Bonität eines Unternehmens zu bewerten, die Grundlage für Kreditentscheidungen und der Wegweiser für strategische Finanzentscheidungen.
Doch wie wird dieses Rating eigentlich ermittelt?
Und warum ist es für jedes Unternehmen wichtig, sich damit auseinanderzusetzen?
Der Schlüssel zum Erfolg: Rating
In diesem Blogartikel möchte ich Ihnen nicht nur die grundlegenden Aspekte eines Ratings näherbringen, sondern auch aufzeigen, wie die Auswertung von Jahresabschlüssen, Kennzahlen und qualitativen Faktoren die Grundlage für eine fundierte Unternehmensbewertung bildet.
Sehen wir uns das genauer an!
Was ist ein Rating, und warum ist es wichtig?
Ein Rating ist – vereinfacht ausgedrückt – eine Bewertung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens. Es beschreibt, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Unternehmen seinen finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann.
Für Banken und Ratingagenturen ist das Rating die Basis, um Risiken einzuschätzen, Kredite zu vergeben und deren Konditionen festzulegen. Dabei gilt: Je besser das Rating, desto günstiger die Konditionen.
Spätestens seit der Einführung der Baseler Vorschriften hat das Rating an Bedeutung gewonnen. Banken müssen ihre Eigenkapitalunterlegung entsprechend dem Risiko eines Kredits gestalten, das durch das Rating bestimmt wird.
Ein schlechtes Rating kann daher nicht nur höhere Zinsen bedeuten, sondern im schlimmsten Fall auch dazu führen, dass ein Kredit gar nicht erst bewilligt wird.
Die Grundlage: Jahresabschlüsse und Bilanzkennzahlen
Die wichtigste Grundlage für ein Unternehmensrating ist die Analyse des Jahresabschlusses.
Sowohl interne Bankratings als auch externe Ratings von Ratingagenturen greifen auf eine Vielzahl von Kennzahlen zurück, die aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung (GuV) abgeleitet werden.
Doch warum ist das so?
Strukturbilanz und Struktur-GuV: Der ursprüngliche Jahresabschluss wird zunächst in eine sogenannte Strukturbilanz und eine strukturierte GuV überführt. Mithilfe spezialisierter Software werden Daten automatisiert analysiert und in standardisierte Strukturen eingebettet.
Kennzahlen: Auf Basis dieser Strukturen entstehen wesentliche Kennzahlen, die das wirtschaftliche Profil eines Unternehmens abbilden. Dazu gehören:
Vermögensstruktur: Wie ist das Verhältnis von Anlage- zu Umlaufvermögen?
Kapitalstruktur: Wie hoch ist der Anteil von Eigenkapital und Fremdkapital?
Liquidität: Kann das Unternehmen kurzfristige Verpflichtungen erfüllen?
Ertragsstruktur und Rentabilität: Wie profitabel arbeitet das Unternehmen?
Peer-Group-Vergleich und Branchenkennzahlen: Die Kennzahlen eines Unternehmens werden mit Branchendurchschnittswerten und ähnlichen Unternehmen (Peer-Group) verglichen, um eine relative Positionierung zu ermöglichen.
Quantitative vs. Qualitative Faktoren
Neben den reinen Zahlen aus der Bilanz spielt auch die qualitative Analyse eine wesentliche Rolle.
Ratingagenturen und Banken beziehen dabei sogenannte "Soft Facts" ein.
Das können beispielsweise sein:
Die Managementqualität: Wie kompetent und stabil ist das Führungsteam?
Marktposition und Wettbewerbsvorteile: Welche Stellung hat das Unternehmen im Markt, und wie gut ist es gegen Wettbewerber abgesichert?
Risikomanagement: Wie gut kann das Unternehmen Risiken identifizieren und steuern?
Ein Beispiel aus der Praxis: Ein Unternehmen mag eine hohe Eigenkapitalquote aufweisen, aber wenn die Branche, in der es tätig ist, einem starken strukturellen Wandel ausgesetzt ist, wird dies im Rating berücksichtigt.
Die wichtigsten Bilanzkennzahlen im Überblick
Deckungsgrad des Anlagevermögens: Diese Kennzahl zeigt, ob das langfristige Vermögen eines Unternehmens auch durch langfristiges Kapital finanziert ist. Ein Wert von mindestens 100 % gilt als solide.
Eigenkapitalquote: Sie gibt an, wie viel Prozent des Gesamtkapitals durch Eigenkapital gedeckt ist. Eine hohe Eigenkapitalquote verringert das Insolvenzrisiko und erhöht die Unabhängigkeit von Fremdkapital.
Liquidität III. Grades: Auch bekannt als "Working Capital Ratio", beschreibt diese Kennzahl, ob ein Unternehmen seine kurzfristigen Verbindlichkeiten mit kurzfristigem Vermögen decken kann.
Gesamtkapitalrentabilität: Diese Kennzahl zeigt die Rendite, die das Unternehmen auf das eingesetzte Gesamtkapital erwirtschaftet.
Cashflow: Der Cashflow gibt an, wie viel Liquidität aus der laufenden Geschäftstätigkeit generiert wird und ist ein Indikator für die Schuldentilgungskraft.
Der qualitative Unterschied: HGB vs. IFRS
Interessant ist, dass sich die Aussagekraft der Bilanz je nach Rechnungslegungsstandard stark unterscheiden kann. Unternehmen, die auf den internationalen Standard IFRS umstellen, können stille Reserven heben, was den Eigenkapitalausweis verbessert.
Für das Rating ist jedoch entscheidend, dass diese Veränderungen nicht die tatsächliche wirtschaftliche Lage des Unternehmens widerspiegeln – hier ist Vorsicht geboten.
Quintessenz
Das Thema Rating mag zunächst komplex erscheinen, doch es bietet enorme Chancen für Unternehmen, ihre finanzielle Lage zu verbessern und ihre Position im Markt zu stärken.
Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:
Bilanzanalyse ist zentral: Die Qualität des Ratings hängt maßgeblich von den Zahlen und deren Interpretation ab.
Soft Facts nicht vergessen: Qualitative Faktoren können den Unterschied machen, wenn die Zahlen alleine nicht überzeugen.
Vorbereitung ist alles: Je besser ein Unternehmen seine Zahlen und Risiken kennt, desto besser kann es sich auf Ratinggespräche vorbereiten.
Ein gutes Rating ist nicht nur ein Ergebnis solider wirtschaftlicher Kennzahlen, sondern auch eine Frage der richtigen Kommunikation und Strategie.
Ich hoffe, dieser Artikel hat Ihnen einen Einblick in die spannende Welt des Ratings gegeben.
Wenn Sie Fragen dazu haben oder tiefer einsteigen möchten, freue ich mich, Sie in meinen Seminaren oder Vorlesungen begrüßen zu dürfen! 😊