Freibetrag oder Freigrenze
- Eva Heinz-Zentgraf

- 14. Aug.
- 3 Min. Lesezeit

Kürzlich saß ich im Unterricht, und da kam mal wieder die sogenannte „Fachidiotin“ über mich, die ich leider oder auch zum Glück manchmal bin 😄
Ich hatte nämlich meinen Betriebswirten gar nicht richtig erklärt, dass es sich in § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG bei den 50,00 Euro um eine Freigrenze handelt.
Und eben nicht um einen Freibetrag.
Tja, das passiert selbst den Besten (oder in dem Fall: mir!).
Aber nehmen wir das doch gleich mal zum Anlass, das Thema hier für Sie verständlich aufzudröseln.
Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Freibetrag und Freigrenze?
Die Begriffe Freibetrag und Freigrenze klingen so ähnlich, dass sie in der Praxis gern mal verwechselt werden.
Dabei steckt der Teufel – wie so oft im Steuerrecht – im Detail. Und der Unterschied kann durchaus spürbare finanzielle Auswirkungen haben, sei es für Sie persönlich oder für Ihr Unternehmen.
Stellen Sie sich vor, Sie stehen vor zwei Türen:
Hinter Tür 1 verbirgt sich der Freibetrag.
Hinter Tür 2 die Freigrenze.
Beide Türen sehen schick aus, aber öffnen sie sich gleich?
Nein, leider nicht.
Freibetrag: Der steuerfreie Puffer
Ein Freibetrag ist wie ein Schutzschild. Aber nur für einen Teil Ihrer Einnahmen oder Ausgaben. Alles, was bis zu diesem Betrag reicht, bleibt steuerfrei.
Und das Beste: Selbst wenn Sie diesen Betrag überschreiten, bleibt der steuerfreie Anteil bestehen. Versteuert wird also nur der Teil, der darüber hinausgeht.
Beispiel: Sie haben Einkünfte, auf die ein Freibetrag von 1.000 Euro gewährt wird. Ihre tatsächlichen Einnahmen betragen 1.500 Euro.
Was passiert?
Die ersten 1.000 Euro bleiben steuerfrei.
Versteuert werden nur die restlichen 500 Euro.
Sie können sich den Freibetrag also wie einen steuerlichen Schutzschirm vorstellen, der über einem Teil Ihrer Einnahmen aufgespannt wird – ganz gleich, ob Sie drunter bleiben oder drüber hinausgehen.
Freigrenze: Die Alles-oder-nichts-Falle
Jetzt kommt Tür 2: die Freigrenze.
Sie wirkt auf den ersten Blick ähnlich – schützt aber nur, wenn Sie die Grenze nicht überschreiten. Sobald Sie auch nur einen Cent drüber sind, fällt der gesamte Betrag unter die Steuerpflicht.
Beispiel: Die berühmten 50 Euro für Geschenke an Geschäftspartner nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG sind so ein Fall. Machen Sie einem Kunden im Jahr ein Geschenk im Wert von 49 Euro, ist das steuerlich kein Problem – es ist vollständig abziehbar. Aber Achtung: Verschenken Sie für 51 Euro – also nur 1 Euro zu viel – wird der gesamte Betrag nicht anerkannt.
Die Freigrenze ist also wie ein strenger Türsteher: Wer zu viel mitbringt, kommt gar nicht rein – selbst wenn es nur eine Kleinigkeit ist.
Vergleich: Freibetrag vs. Freigrenze
Merkmal | Freibetrag | Freigrenze |
Steuerfreier Anteil | Ja, auch bei Überschreitung | Nur, wenn Grenze nichtüberschritten |
Steuerpflicht bei Überschreitung | Nur der übersteigende Betrag | Der komplette Betrag |
Typisches Beispiel | Grundfreibetrag bei der Einkommensteuer | Geschenke über 50 € an Geschäftspartner |
Und was sagt das Gesetz dazu? § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG:
"Die folgenden Betriebsausgaben dürfen den Gewinn nicht mindern: Aufwendungen für Geschenke an Personen, die nicht Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen sind, es sei denn, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Geschenke 50 Euro im Kalenderjahr je Empfänger nicht übersteigen."
Aha! Da steht’s: „nicht übersteigen“. Und genau das ist der Schlüsselbegriff für die Freigrenze. Sobald diese überschritten wird – auch nur minimal – fällt der ganze Betrag raus.
Beim Freibetrag hingegen begegnet Ihnen im Gesetz meist das kleine Wörtchen „soweit“ – ein scheinbar unscheinbarer, aber wirkungsvoller Hinweis auf eine andere steuerliche Wirkung.
Story-Time: Wenn 1 Euro teuer wird
Ein Teilnehmer aus einer meiner Fortbildungen hat mir erzählt, dass er einem Kunden eine Weinflasche und einen Kalender geschenkt hat. Sehr aufmerksam! Leider ergaben beide Geschenke zusammen 51,20 Euro. Und zack – der gesamte Betrag war steuerlich nicht absetzbar.
Hätte er zwei Flaschen Wein à 24,99 Euro verschenkt, wäre alles in Ordnung gewesen. So aber war es ein teurer Lerneffekt wegen eines kleinen Überschreiters.
Quintessenz
Freibetrag = Steuerfreiheit bis zu einem bestimmten Betrag – nur der Mehrbetrag darüber hinaus ist steuerpflichtig.
Freigrenze = Alles oder nichts – wird die Grenze auch nur minimal überschritten, ist der gesamte Betrag steuerpflichtig.
Im Gesetz erkennen Sie den Unterschied oft an der Wortwahl:
„soweit“ = Freibetrag
„wenn...nicht überschritten wird“ = Freigrenze
Besonders kritisch ist die Freigrenze bei Geschenken an Geschäftspartner nach § 4 Abs. 5 Nr. 1 EStG – hier lohnt sich ein genaues Hinsehen und eine saubere Dokumentation!
Mein Tipp für Ihre Praxis oder Ihre Buchführung:
Setzen Sie bei Freigrenzen ganz bewusst Pufferbeträge, z. B. nur 45 Euro statt 50 Euro bei Geschenken – so sind Sie auf der sicheren Seite und vermeiden unnötigen Ärger.



