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Die 1%-Regel

Autorenbild: Eva Heinz-ZentgrafEva Heinz-Zentgraf
Jahressteuergesetz 2024 - Neuigkeiten



In meinen Seminaren zur Existenzgründung stoße ich immer wieder auf die Frage: „Gibt es keine bessere Alternative zur 1%-Regelung?“


Die Antwort darauf ist nicht so einfach, wie es scheint.


Ja, es gibt eine Alternative – allerdings ist sie keineswegs risikofrei und erfordert eine gründliche Abwägung der individuellen Umstände.


In diesem Artikel möchte ich Ihnen eine Methode vorstellen, die auf den ersten Blick verlockend erscheinen mag, aber bei genauerem Hinsehen sowohl Vor- als auch erhebliche Nachteile mit sich bringt.

 


Die 1%-Regelung: Ein Überblick

 

Bevor wir uns der Alternative zuwenden, lohnt es sich, die 1%-Regelung kurz in Erinnerung zu rufen.


Diese Regelung ist eine weit verbreitete Methode zur Besteuerung der privaten Nutzung eines Firmenwagens. Sie besagt, dass monatlich 1 % des inländischen Bruttolistenpreises des Fahrzeugs als geldwerter Vorteil versteuert werden müssen.


Diese Methode ist einfach anzuwenden und erfordert wenig Verwaltungsaufwand, was sie für viele Unternehmer attraktiv macht. Sie haben jedoch den Nachteil, dass der geldwerte Vorteil oft über der tatsächlichen privaten Nutzung liegt, was zu einer unnötig hohen steuerlichen Belastung führen kann.

 


Die Alternative - Der Firmenwagen ohne 1%-Regelung

 

Nun stellt sich die Frage: Gibt es eine Möglichkeit, die private Nutzung des Firmenwagens ohne die 1%-Regelung steuerlich abzubilden? Die Antwort lautet: Ja, es gibt ein solches Modell. Es basiert auf der Idee, den Firmenwagen ausschließlich betrieblich zu nutzen und die Privatnutzung vollständig auszuschließen. Aber wie funktioniert das in der Praxis?

 

Das Grundprinzip des Modells

 

Das Modell funktioniert folgendermaßen: Der Firmenwagen wird offiziell ausschließlich betrieblich genutzt. Der Geschäftsführer einer GmbH kauft das Fahrzeug privat und vermietet es dann an die GmbH. Die GmbH übernimmt die betrieblichen Kosten – etwa für Wartung, Versicherung und Benzin –, während der Geschäftsführer die privaten Kosten selbst trägt. Dadurch entfällt die Versteuerung des Geldwertes Vorteile für die Privatnutzung, die bei der 1%-Regelung oder der Fahrtenbuchmethode anfallen würden.

 

Auf den ersten Blick scheint dies eine ideale Lösung zu sein: Die GmbH kann die gesamten Fahrzeugkosten als Betriebsausgaben absetzen, und der Geschäftsführer vermeidet die Versteuerung eines geldwerten Vorteils. Darüber hinaus bleibt die Möglichkeit bestehen, das Fahrzeug im Privatvermögen zu halten, was besonders bei einem späteren Verkauf steuerliche Vorteile bringen kann. Denn ein Verkauf im Privatvermögen ist nach § 23 EStG in der Regel steuerfrei, sofern zwischen Anschaffung und Veräußerung mehr als ein Jahr liegt.

 

Die Vorteile des Modells

 

Die Vorteile dieses Modells liegen auf der Hand und scheinen geradezu verlockend. Hier sind die wesentlichen Punkte:

 

  1. Steuerliche Absetzbarkeit der Kosten : Die GmbH kann alle Kosten, die im Zusammenhang mit dem Fahrzeug stehen, als Betriebsausgaben geltend machen. Dies umfasst nicht nur die Leasing- oder Mietkosten, sondern auch laufende Kosten wie Versicherung, Wartung und Benzin. Dadurch verringert sich der steuerpflichtige Gewinn der GmbH.


  2. Vermeidung der Versteuerung des geldwerten Vorteiles : Da der Wagen offiziell nicht privat genutzt wird, entfällt die Versteuerung des geldwerten Vorteiles. Dies kann insbesondere bei teuren Fahrzeugen zu einer erheblichen Steuerersparnis führen.


  3. Flexibilität im Privatvermögen : Der Geschäftsführer behält das Fahrzeug im Privatvermögen, was ihm zusätzliche Flexibilität bietet, insbesondere im Hinblick auf eine mögliche spätere Veräußerung. Da der Verkauf nach Ablauf der Spekulationsfrist von einem Jahr steuerfrei ist, ergibt sich hier ein zusätzlicher Vorteil.


  4. Vorsteuerabzug : Umsatzsteuerlich kann es ebenfalls Vorteile geben, wenn man die Kleinunternehmerregelung nicht anwendet. Der Geschäftsführer könnte Vorsteuerabzüge für die Anschaffung und laufende Kosten des Fahrzeugs geltend machen, und die GmbH könnte die Mietzahlungen ebenfalls steuerlich absetzen.

 


Die Risiken und Herausforderungen

 

So verlockend dieses Modell auch erscheinen mag, es ist kein Weg ohne Risiken. Im Gegenteil: Es gibt mehrere Herausforderungen, die bedacht werden müssen, bevor man sich für dieses Modell entscheidet.

 

1. Nachweispflicht der betrieblichen Nutzung

 

Eines der größten Risiken bei diesem Modell ist der Nachweis der ausschließlich betrieblichen Nutzung des Fahrzeugs. Ohne ein lückenlos geführtes Fahrtenbuch wird es schwierig, die betriebliche Nutzung gegenüber dem Finanzamt glaubhaft zu machen. Zwar könnte man versuchen, die Nutzung über einen repräsentativen Zeitraum darzulegen, doch dies erfordert eine nachvollziehbare Dokumentation, die in der Praxis oft schwer zu realisieren ist. Insbesondere bei teuren Fahrzeugen wird das Finanzamt eine solche Aufstellung kritisch prüfen und hohe Anforderungen an die Nachweispflicht stellen.

 

Beispiel: Fahrtenbuchführung

Die Fahrtenbuchführung ist in diesem Modell von zentraler Bedeutung. Es muss detailliert dokumentiert werden, wann und zu welchem ​​Zweck das Fahrzeug genutzt wurde. Ein grob geführtes Fahrtenbuch oder eine mangelhafte Dokumentation kann dazu führen, dass das Finanzamt die betriebliche Nutzung nicht anerkennt und die Privatnutzung doch besteuert – was das gesamte Modell ins Wanken bringen würde.

 

2. Vertragliche Gestaltung und Fremdvergleich

 

Ein weiteres zentrales Element dieses Modells ist die vertragliche Gestaltung zwischen dem Geschäftsführer und der GmbH. Diese Verträge müssen den Maßstäben eines Fremdvergleichs standhalten, was bedeutet, dass sie so gestaltet sein müssen, wie es auch zwischen fremden Dritten der Fall wäre. Das Finanzamt wird genau prüfen, ob die Konditionen, insbesondere die Höhe der Mietzahlungen, marktüblich sind.

 

Beispiel: Mietkonditionen

Die Mietbedingungen für das Fahrzeug müssen regelmäßig anhand von Marktwerten überprüft werden. Dies bedeutet, dass der Geschäftsführer beispielsweise die Preise großer Autovermietungen als Vergleich heranziehen sollte. Diese Überprüfung ist jedoch nicht nur aufwendig, sondern kann auch zu erheblichen Diskussionen mit dem Finanzamt führen. Sollte das Finanzamt zu dem Schluss kommen, dass die Mietzahlungen zu hoch angesetzt sind, könnte dies als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) bewertet werden, was erhebliche steuerliche Nachteile nach sich ziehen würde.

 

3. Verwaltungsaufwand

 

Neben den steuerlichen Risiken ist der administrative Aufwand nicht zu unterschätzen. Die regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Verträge, die detaillierte Fahrtenbuchführung und die Dokumentation der Kosten und Nutzung des Fahrzeugs erfordern einen erheblichen zeitlichen und organisatorischen Aufwand. Dieser Aufwand kann schnell die Vorteile, die das Modell bietet, relativieren, insbesondere für kleinere Unternehmen oder Abteilungen, die nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen.

 

Worauf Sie achten sollten

 

Wenn Sie sich für dieses Modell entscheiden, gibt es einige wichtige Punkte, die Sie beachten sollten, um die Risiken zu minimieren und die Vorteile optimal zu nutzen:

 

  1. Sorgfältige Vertragsgestaltung : Achten Sie darauf, dass die Verträge zwischen Ihnen und Ihrer GmbH den Anforderungen des Fremdvergleichs entsprechen. Ziehen Sie gegebenenfalls einen Steuerberater hinzu, um sicherzustellen, dass die Verträge rechtlich und steuerlich einwandfrei sind


  2. Penible Dokumentation : Führen Sie ein detailliertes Fahrtenbuch und dokumentieren Sie alle relevanten Kosten und Nutzungszeiten des Fahrzeugs. Je genauer und umfassender Ihre Aufzeichnungen sind, desto besser können Sie im Fall einer steuerlichen Prüfung argumentieren.


  3. Regelmäßige Überprüfung : Überprüfen Sie regelmäßig die Mietkonditionen und passen Sie diese gegebenenfalls an die Marktbedingungen an. Dies gilt auch für die Vertragsbedingungen, die regelmäßig auf ihre Aktualität überprüft werden sollten.


  4. Steuerliche Beratung : Bevor Sie dieses Modell umsetzen, sollten Sie unbedingt eine steuerliche Beratung in Anspruch nehmen. Ein Steuerberater kann Ihnen helfen, die Vor- und Nachteile des Modells für Ihre individuelle Situation abzuwägen und die beste Lösung zu finden.

 

Für wen eignet sich das Modell?

 

Das „Firmenwagen ohne 1%-Regelung“-Modell kann für bestimmte Unternehmer eine interessante Alternative zur herkömmlichen 1%-Regelung sein.


Es bietet besonders dann Vorteile, wenn die betriebliche Nutzung des Fahrzeugs deutlich überwiegt und die GmbH liquide Mittel schonen möchte. Auch für Geschäftsführer, die eine flexiblere Steuerplanung wünschen oder das Fahrzeug im Privatvermögen behalten möchten, kann dieses Modell attraktiv sein.

 

Man sollte sich der Risiken und allerdings des hohen Verwaltungsaufwands bewusst sein. Dieses Modell ist keineswegs ein „Steuerspartrick“, der einfach und ohne weitere Umsetzung ist.


Vielmehr erfordert es eine sorgfältige Planung, eine akustische Dokumentation und eine kontinuierliche Überwachung der vertraglichen und steuerlichen Rahmenbedingungen.

 


Quintessenz

 

Die 1%-Regelung ist zwar eine einfache und weit verbreitete Methode zur Besteuerung von Firmenwagen, aber sie ist nicht die einzige Option.


Das „Firmenwagen ohne 1%-Regelung“-Modell bietet potenziell interessante steuerliche Vorteile, birgt jedoch auch erhebliche Risiken und Herausforderungen. Wer dieses Modell in Erwägung zieht, sollte sich der möglichen Fallstricke bewusst sein und sich gut vorbereiten, um die Vorteile optimal zu nutzen, ohne in steuerliche Fallen zu tappen.


Eine gründliche Beratung und sorgfältige Umsetzung sind hierbei unerlässlich, um unangenehme Überraschungen zu vermeiden.



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