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Der Freistellungsauftrag

  • Autorenbild: Eva Heinz-Zentgraf
    Eva Heinz-Zentgraf
  • 12Min.
  • 5 Min. Lesezeit
Jahressteuergesetz 2024 - Neuigkeiten

 


Neulich saß ich (ganz harmlos) am Laptop, wollte eine Bankverbindung ändern, da tauchte plötzlich eine Frage auf, die viele schon mal gesehen haben, aber meist stillschweigend ignorieren:

 

„Möchten Sie einen Freistellungsauftrag erteilen?“

 

Na wunderbar.


Schon wieder so eine dieser Steuerfragen, die klingt, als würde gleich ein mehrseitiges Formular folgen, am besten noch mit Fußnoten in Kanzleisprache.


Und vielleicht dachten auch Sie in so einem Moment: „Freistellungsauftrag? Hatte ich das nicht schon gemacht? Muss ich das jedes Jahr? Und was genau soll mir das eigentlich bringen?“

 

Nun, ich verspreche Ihnen: Es lohnt sich, ein paar Minuten in dieses Thema zu investieren. Denn ein korrekt erteilter Freistellungsauftrag kann bares Geld sparen. Und zwar völlig legal, ohne Schlupflöcher, ohne Stress und ohne graue Haare.

 


Was genau ist eigentlich ein Freistellungsauftrag?

 

Ein Freistellungsauftrag ist - ganz schlicht gesagt - Ihre Erlaubnis an die Bank, bestimmte Kapitalerträge nicht zu versteuern.

 

Sie sagen Ihrer Bank damit:


Hallo, bitte lass meine Zinsen und Dividenden in Ruhe – zumindest bis zur gesetzlich erlaubten Grenze.

 

Denn eigentlich ist es so: Sobald Sie mit Ihrem Geld ein wenig Gewinn machen, sei es durch Zinsen, Dividenden oder andere Kapitalerträge, langt das Finanzamt zu. Und zwar mit der sogenannten Abgeltungsteuer in Höhe von 25 %.


Obendrauf kommen noch der Solidaritätszuschlag und bei Kirchenmitgliedern auch die Kirchensteuer. So schnell sind über 26 % weg! Und das direkt vom Brutto-Ertrag.

 

Doch der Gesetzgeber hat immerhin ein Einsehen gehabt: Er hat den Sparer-Pauschbetrag eingeführt. Und dieser sorgt dafür, dass ein Teil Ihrer Kapitalerträge steuerfrei bleibt.


Wenn (und nur wenn!) Sie einen Freistellungsauftrag gestellt haben.

 

Seit 2023 liegt dieser Pauschbetrag bei:

  • 1.000 Euro pro Person

  • 2.000 Euro für gemeinsam veranlagte Ehe- oder Lebenspartner

 

Mit anderen Worten: Bis zu diesem Betrag dürfen Ihre Kapitalerträge ungeschoren davonkommen. Aber eben nur, wenn Sie Ihrer Bank Bescheid geben.

 


Wozu das Ganze? Oder: Warum Sie sich unbedingt kümmern sollten

 

Ohne Freistellungsauftrag behandelt Ihre Bank Ihre Kapitalerträge, als wären Sie Millionärin oder Milliardär: Steuern? Aber sicher, bitte sofort abziehen!

 

Das passiert auch dann, wenn Ihre Erträge noch locker unter dem Pauschbetrag liegen. Das bedeutet: Sie verschenken jedes Jahr Geld – einfach so. Nur weil ein Kästchen im Online-Banking nicht ausgefüllt wurde. Klingt ärgerlich? Ist es auch.

 


Ein kleines Beispiel gefällig?


Stellen Sie sich vor, Sie erhalten im Jahr 300 Euro an Dividenden aus einem Depot. Ohne Freistellungsauftrag zieht Ihre Bank davon rund 79 Euro Steuern ab.

 

Mit Freistellungsauftrag? Bleiben Ihnen die vollen 300 Euro - steuerfrei, legal und ganz ohne Steuererklärung.

 

Und nein, dafür müssen Sie nicht zum Steuerprofi mutieren. Sie müssen einfach nur ein Formular einreichen oder ein paar Klicks machen.

 


Wer darf einen Freistellungsauftrag erteilen?

 

Ganz einfach: Jede natürliche Person mit Wohnsitz in Deutschland. Wenn das auf Sie zutrifft (und ich vermute, das tut es) dann dürfen Sie. Der Freistellungsauftrag gilt allerdings immer nur für die Bank, bei der Sie ihn einreichen.

 

Wenn Sie also bei mehreren Banken Konten, Depots oder Sparverträge haben, dürfen Sie den Pauschbetrag aufteilen, zum Beispiel 600 Euro bei Bank A, 400 Euro bei Bank B.

 

Wichtig ist nur: In der Summe dürfen Sie den Höchstbetrag nicht überschreiten. Also: 1.000 Euro pro Person, 2.000 Euro bei gemeinsamer Veranlagung. Mehr gibt’s leider nicht. Auch nicht für besonders nette Menschen 😅



Wie funktioniert das Ganze in der Praxis?

 

Das Schöne ist: Der Freistellungsauftrag lässt sich schnell und bequem einrichten.

 

Die meisten Banken bieten mittlerweile die Möglichkeit, den Antrag online im Kundenbereich zu stellen. Alternativ können Sie auch ein Formular ausfüllen und per Post oder in der Filiale einreichen.

 

Besonders praktisch: Viele Banken bieten die Option, den Auftrag dauerhaft zu erteilen, direkt mit automatischer Verlängerung. Dann müssen Sie sich künftig nicht mehr drum kümmern. Nur wenn sich etwas ändert (z. B. Bank gewechselt, neues Depot eröffnet), sollten Sie kurz überprüfen, ob alles noch passt.

 

Wichtig: Der Freistellungsauftrag wirkt nicht rückwirkend. Wenn Ihnen bereits Steuern abgezogen wurden, können Sie das nur über eine Steuererklärung wieder ausbügeln.

 

Also besser gleich aktiv werden! Bevor die Steuer schneller ist als Sie 😬

 


Was passiert, wenn Sie keinen Freistellungsauftrag stellen?

 

Dann passiert das, was das Finanzamt liebt: Die Bank zieht automatisch die Abgeltungsteuer ein, ohne Rückfrage. Und diese wird auch nicht automatisch in Ihrer Steuererklärung berücksichtigt.

 

Wenn Sie also keinen Auftrag erteilen, verschenken Sie entweder Geld oder müssen sich später mit der Anlage KAP in Ihrer Steuererklärung herumschlagen.

 

Die gute Nachricht: Wenn Sie zu viel Steuer gezahlt haben, können Sie sich diese zurückholen. Und zwar über die Einkommensteuererklärung. Dafür brauchen Sie die Jahressteuerbescheinigung Ihrer Bank. Das Finanzamt prüft dann, ob eine Erstattung möglich ist.

 

Am besten ist aber natürlich: Erst gar nicht zu viel zahlen müssen.

 


Wie hängt der Freistellungsauftrag mit der Steuererklärung zusammen?

 

Wenn Ihre Kapitalerträge unter dem Pauschbetrag liegen und Sie einen Freistellungsauftrag gestellt haben, müssen Sie nichts weiter tun. Die Erträge bleiben steuerfrei, und Sie können Ihre Steuererklärung in Ruhe lassen.

 

Aber wenn Sie:

  • keinen Freistellungsauftrag gestellt haben,

  • den Betrag zu niedrig angesetzt haben oder

  • mit Ihren Erträgen über dem Freibetrag liegen,

 

… dann müssen Sie tätig werden und in der Steuererklärung (Anlage KAP) aktiv werden.


Gerade bei niedrigem Einkommen kann sich das lohnen: Liegt Ihr Gesamteinkommen unter dem Grundfreibetrag (2025: 12.096 Euro pro Person und 2026: 12.348 Euro pro Person), fällt gar keine Einkommensteuer an – und Sie bekommen die gezahlten Steuern zurück.


Klingt fair? Ist es auch.

 


Sonderfälle, die Sie kennen sollten

 

Auch für Kinder und Jugendliche kann ein Freistellungsauftrag gestellt werden – etwa wenn ein Sparbuch oder Depot auf den Namen des Kindes läuft. Allerdings sollten Sie aufpassen: Hohe Kapitalerträge können sich auf Familienleistungen wie das Kindergeld auswirken.

 

Ehepaare haben die Wahl: Sie können einen gemeinsamen Freistellungsauftrag über 2.000 Euro stellen, oder eben zwei einzelne über je 1.000 Euro. Entscheidend ist, wie Sie Ihre Konten aufgeteilt haben.

 

Kirchensteuer wird ebenfalls automatisch einbehalten, sofern Sie der sogenannten Kirchensteuerabfrage nicht widersprochen haben. Wer das nicht möchte, kann widersprechen – dann wird die Kirchensteuer erst in der Steuererklärung berechnet (oder auch nicht, je nach Konfession ⛪️).

 


Die Quintessenz

 

Ein Freistellungsauftrag ist keine große Sache. Aber er ist ein echter Steuerspar-Booster im Alltag. Still, leise und ziemlich effektiv.

 

Wer ihn ignoriert, lässt schnell mehrere hundert Euro im Jahr auf der Strecke.

Und das wäre doch mehr als schade.

 

Daher mein Tipp für Sie:

  • Prüfen Sie Ihre Kapitalerträge, denn auch kleinere Beträge summieren sich über das Jahr

  • Verteilen Sie Ihren Sparer-Pauschbetrag sinnvoll auf Ihre Banken

  • Stellen Sie den Freistellungsauftrag rechtzeitig und gönnen Sie sich das gute Gefühl, nicht unnötig Steuern zu zahlen

 

Denn mal ehrlich: In Zeiten von Mini-Zinsen und mickrigen Renditen sollte man doch jeden Euro behalten, den man nicht dem Staat schenken muss.

 

Oder anders gesagt: Lieber einmal Freistellungsauftrag als am Ende frustriert auf die Steuerbescheinigung schauen 👀


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