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Vorsteuerkorrektur nach § 15a UStG

Es kann vorkommen, dass ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut des Anlagevermögens zunächst anschafft, um mithilfe dessen steuerpflichtige, zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze zu tätigen, er aber später das gleiche Wirtschaftsgut für steuerfreie, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze weiterverwendet oder umgekehrt.

 

Im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung eines Wirtschaftsguts entscheidet der Unternehmer aufgrund der Zuordnungsentscheidung oder der sich ergebenden zwangsweisen Zuordnung (bei 100 % unternehmerischer Verwendung) über den Vorsteuerabzug nach den Verhältnissen dieses Kalenderjahres.

 

Die Entscheidung über die Zuordnung eines Wirtschaftsgutes richtet sich nach der beabsichtigten Verwendung im Zeitpunkt des Leistungsbezugs. Der Unternehmer kann den Vorsteuerabzug nach entsprechender Zuordnung insoweit vornehmen, es sei denn, das Wirtschaftsgut wird ausschließlich zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.

 

Beispiel:

 

Bei einer Versicherung wäre folgende Gestaltung möglich:

 

Sie verwendet ein Wirtschaftsgut (z. B. ein Gebäude) zunächst in vollem Umfang für Zwecke, die zum Vorsteuerabzug berechtigen (z. B. Gebäudevermietung an andere Unternehmer mit Option nach § 9 UStG).

 

Zwei Jahre später nutzt sie das Wirtschaftsgut ganz oder überwiegend für ihre steuerbefreiten Umsätze aus dem Versicherungsgeschäft.

 

Würde nunmehr der Gesetzgeber keine Berichtigung der geltend gemachten Vorsteuern vorsehen, obwohl nach zwei Jahren die Versicherung keine oder nur noch teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze tätigt, hätte die Versicherung im Wege der Erstattung Vorsteuern erhalten, die ihr auch vom System her nicht zustehen.

 

Eine spätere Änderung der Verhältnisse muss sich jedoch nach dem System der Vorsteuer auswirken.

 

Hätte die Versicherung hingegen das Gebäude zunächst ausschließlich für steuerfreie Umsätze genutzt und innerhalb des vom Gesetz vorgeschriebenen Zehnjahreszeitraums (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG) mit Option steuerpflichtig vermietet, wären ihr für die nichtverbrauchte Zeit des vermieteten Teils Vorsteuern, die im Zusammenhang mit der Herstellung oder Anschaffung des Gebäudes nicht gewährt werden konnten, entgangen.

 

Insoweit ist nach § 15a UStG eine entsprechende Berichtigung der Vorsteuerbeträge sowohl zum Nachteil als auch zum Vorteil des Steuerpflichtigen durchzuführen.

 

Der § 15a UStG schließt also die Lücke, die einerseits dadurch entsteht, dass über den Vorsteuerabzug immer sofort bei Leistungsbezug zu entscheiden ist und andererseits Wirtschaftsgüter über einen längeren Zeitraum verwendet werden.

 

Verwendungsänderungen wirken sich daher über einen gewissen Zeitraum auf den ursprünglichen Vorsteuerabzug aus. Die Vorschrift kann sich zu Gunsten und zu Lasten des Unternehmers auswirken.

 

Eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs ist daher innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung eines Wirtschaftsgutes durchzuführen. Für Grundstücke und Gebäude verlängert sich der Berichtigungszeitraum von fünf auf zehn Jahre (§ 15a Abs. 1 Satz 2 UStG).

 

Die Änderung der Verhältnisse ist nur im jeweiligen Berichtigungszeitraum zu beobachten. Dies gilt auch dann, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger ist. Ist allerdings die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer kürzer als der entsprechende Berichtigungszeitraum des Wirtschaftsguts, so verkürzt sich der Berichtigungszeitraum entsprechend. Es handelt sich hierbei um eine gesetzliche Vereinfachungsregelung (vgl. § 15a Abs. 5 Satz 2 UStG).

 

Bei nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten kann ein kürzerer Berichtigungszeitraum in Betracht kommen, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts ebenfalls kürzer ist.

 

Ansonsten haben die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten eigene Berichtigungszeiträume (vgl. § 15a Abs. 6 UStG).

 

Merke: Das Grundstück und ein Gebäude gelten immer als Einheit.

 

 

Voraussetzungen der Berichtigung

 

Die Voraussetzungen für die Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG lassen sich in folgende wesentliche Tatbestandsmerkmale gliedern:

 

  • Es muss sich um ein angeschafftes oder hergestelltes Wirtschaftsgut handeln, d. h., es muss dem Unternehmensvermögen auch zugeordnet gewesen und für die Ausführung von Umsätzen erstmalig verwendet worden sein. Mit der Neuregelug zum 1.1.2005 sind auch die sonstigen Leistungen taugliche Berichtigungsobjekte im Sinne des § 15a UStG.
  • Die bei dieser Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse müssen sich anschließend innerhalb des maßgeblichen Berichtigungszeitraums (fünf bzw. zehn Jahre) geändert haben.

 

 

Die Berichtigungsobjekte und ihre maßgeblichen Berichtigungszeiträume

 

Von einer Vorsteuerberichtigung können sowohl Wirtschaftsgüter als auch sonstige Leistungen betroffen sein.

 

Wirtschaftsgüter sind die Gegenstände, an denen nach § 3 Abs. 1 UStG die Verfügungsmacht (Lieferung) verschafft werden kann. Daher handelt es sich um körperliche Gegenstände, Sachgesamtheiten und solche Wirtschaftsgüter, die im Wirtschaftsverkehr wie körperliche Sachen behandelt werden.

 

Wegen der Aufnahme der sonstigen Leistungen in § 15a Abs. 3 und Abs. 4 UStG ist die Abgrenzung zu den Wirtschaftsgütern für die Praxis nicht mehr so bedeutsam. Die meisten Fälle, in denen eine sonstige Leistung von einer Vorsteuerberichtigung betroffen sein kann, sind im Gesetz geregelt.

 

Es kann daher meiner Einschätzung nach dahinstehen, ob immaterielle Vermögensgegenstände (z. B. Computerprogramme) Wirtschaftsgüter im Sinne des § 15a Abs. 1 UStG sind oder unter § 15a Abs. 3 bzw. Abs. 4 UStG fallen.

 

Wegen der Einbeziehung der sonstigen Leistung wird daher in Verwaltung und in Literatur auch nicht mehr von Wirtschaftsgut im Zusammenhang mit einer Vorsteuerberichtigung, sondern von einem Berichtigungsobjekt gesprochen.

 

 

Berichtigungsobjekte

 

Eine Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG ist bei Berichtigungsobjekten möglich, die zur Ausführung von steuerbaren, steuerpflichtigen oder steuerbefreiten Umsätzen verwendet werden, d. h. dem Unternehmensvermögen zugeordnet bzw. für das Unternehmen bezogen worden sind, weil sie für unternehmerische Zwecke verwendet werden.

 

Wird ein Wirtschaftsgut nur partiell dem Unternehmensvermögen und dem Privatvermögen entsprechend den Nutzungsanteilen zugeordnet, bezieht sich § 15a UStG nur auf den dem Unternehmensvermögen zugeordneten Teil des Wirtschaftsguts. Bei sonstigen Leistungen kommt ohnehin keine Zuordnung des privat genutzten Teils in Betracht, so dass hier nur der Teil der unternehmerischen Nutzung einer sonstigen Leistung Berichtigungsobjekt i. S. des § 15a UStG sein kann.

 

§ 15a UStG findet daher keine Anwendung, wenn

 

  • ein Nichtunternehmer Leistungen bezieht und diese später unternehmerisch verwendet,
  • der Unternehmer ein Wirtschaftsgut seinem nichtunternehmerischen Bereich zuordnet und das Wirtschaftsgut später für unternehmerische Zwecke verwendet,
  • nichtunternehmerisch genutzte Gebäudeteile als separater Gegenstand beim Leistungsbezug dem nichtunternehmerischen Bereich zugeordnet und später unternehmerisch genutzt werden, z. B. bei Umwandlung bisheriger Wohnräume in Büroräume (auch § 15a Abs. 6a UStG setzt eine zeitnahe Zuordnung des Gegenstandes zum Unternehmensvermögen im Vorfeld voraus),
  • der Unternehmer einen bezogenen Gegenstand zunächst zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt und die Leistung deshalb nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG als nicht für sein Unternehmen ausgeführt gilt und diese Grenze später überschritten wird,
  • an einem Wirtschaftsgut, das nicht Unternehmensvermögen ist, eine sonstige Leistung erbracht wird und es dann später unternehmerisch genutzt wird (z. B. Lackierung an einem privaten Pkw, der ein Jahr später unternehmerisch genutzt wird.)

 

Taugliche Berichtigungsobjekte im Sinne des § 15a UStG sind:

 

  • Wirtschaftsgüter, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden (§ 15a Abs. 1 UStG)
  • Wirtschaftsgüter, die nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden (§ 15a Abs. 2 UStG)
  • Nachträglich in ein Wirtschaftsgut eingehende Gegenstände, wenn diese Gegenstände dabei ihre körperliche und wirtschaftliche Eigenart endgültig verlieren (§ 15a Abs. 3 UStG)
  • Sonstige Leistungen an einem Wirtschaftsgut (§ 15a Abs. 3 UStG)
  • Sonstige Leistungen, die nicht unter § 15a Abs. 3 Satz 1 UStG fallen (§ 15a Abs. 4 UStG)
  • Nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten (§ 15a Abs. 6 UStG)

 

Berichtigungszeiträume

 

Grundsätzlich beträgt der Berichtigungszeitraum fünf Jahre. Er verlängert sich für Grundstücke einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, für Berechtigungen, für die die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts über Grundstücke gelten (sog. grundstücksgleiche Rechte), und für Gebäude auf fremdem Grund und Boden auf zehn Jahre.

 

Haben Wirtschaftsgüter der o. g. Gruppen eine kürzere Verwendungsdauer als fünf bzw. zehn Jahre, so richtet sich der Berichtigungszeitraum nach der tatsächlichen Verwendungsdauer.

 

Beispiel:

 

Ein Unternehmer nimmt am 1.7.2023 einen gebrauchten Pkw, dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer vier Jahre beträgt, in Verwendung.

 

Der Berichtigungszeitraum beträgt volle vier Jahre und beginnt am 1.7.2014. Er endet am 30.6.2027.

 

Merke: Der umsatzsteuerrechtliche Begriff der Verwendung ist mit dem einkommensteuerrechtlichen Terminus der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer identisch.

 

Gleiches gilt auch für die nachträglichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

 

Hierfür gilt ein eigener Berichtigungszeitraum (§ 15a Abs. 6 UStG).

 

Er beginnt in dem Zeitpunkt, in dem der Unternehmer das in seiner Form veränderte Wirtschaftsgut erstmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet.

 

Die Dauer richtet sich nach dem für das betreffende Wirtschaftsgut selbst geltenden Berichtigungszeitraum (bei nachträglichen Herstellungskosten an Gebäuden somit zehn Jahre).

 

 

Dauer des Berichtigungszeitraums

 

Die Berichtigungszeiträume (fünf Jahre, zehn Jahre oder entsprechend der kürzeren Nutzungsdauer) sind nach vollen Jahren zu bemessen. Die Dauer kann aber auch dadurch verkürzt werden, dass das Wirtschaftsgut vor Ablauf der allgemeinen Berichtigungszeiträume tatsächlich nicht mehr verwendet wird.

 

Beispiel:

 

Ein Computer wird vor Ablauf der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer durch einen Totalschaden unbrauchbar. Ein Gebäude wird durch Brand vollständig zerstört.

 

In beiden Fällen enden die Berichtigungszeiträume im Zeitpunkt des Eintritts des Totalschadens. Die Veräußerung des unbrauchbar gewordenen Altmaterials bleibt unberücksichtigt.

 

Beginn des Berichtigungszeitraums

 

Die Berichtigungszeiträume der einzelnen Wirtschaftsgüter beginnen nach § 15a Abs. 1 Satz 1 UStG mit ihrer tatsächlichen Verwendung.

 

Dies ist die tatsächliche Ingebrauchnahme des Wirtschaftsguts für die unternehmerischen Zwecke.

 

Im Allgemeinen wird dieser Zeitpunkt mit der Anschaffung oder Herstellung des Wirtschaftsguts und dem für den Beginn der AfA gem. § 7 EStG maßgeblichen Zeitpunkt zusammenfallen. In der Praxis können Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und erstmalige Verwendung auch auseinanderfallen, wenn z. B. Wirtschaftsgüter auf Vorrat gekauft und erst bei Bedarf tatsächlich verwendet werden. Wird beispielsweise ein Gebäude bereits entsprechend dem Baufortschritt in Verwendung genommen, noch bevor es insgesamt fertiggestellt ist, so ist für jeden gesondert in Verwendung genommenen Teil des Wirtschaftsguts ein besonderer Berichtigungszeitraum anzunehmen.

 

Diese Berichtigungszeiträume beginnen jeweils zu dem Zeitpunkt, zu dem der einzelne Teil des Wirtschaftsguts erstmalig verwendet wird.

 

Der einzelnen Berichtigung sind jeweils die Vorsteuerbeträge zugrunde zu legen, die auf den entsprechenden Teil des Wirtschaftsguts entfallen.

 

Wird dagegen ein fertiges Wirtschaftsgut nur teilweise in Gebrauch genommen oder, gemessen an seiner Einsatzmöglichkeit, nicht voll genutzt, besteht ein einheitlicher Berichtigungszeitraum für das ganze Wirtschaftsgut, der mit dessen erstmaliger Verwendung beginnt.

 

Soweit das fertiggestellte Gebäude insgesamt leer steht, ändert sich an dem Beginn der erstmaligen tatsächlichen Verwendung nichts.

 

Soweit allerdings nur Teile eines fertigen Gebäudes leer stehen, sind in diesem Fall die Leerstandzeiten in den Berichtigungszeitraum der erstmaligen tatsächlichen Verwendung mit einzubeziehen. Es besteht in diesem Fall ein einheitlicher Berichtigungszeitraum.

 

Aufgrund der Urteile des EuGH vom 8. 6. 2000 sowie aufgrund der Rechtsprechung des BFH kommt es zwar für die erstmalige Geltendmachung der Vorsteuern auf die primär beabsichtigte Verwendung an.

 

Nur wenn die spätere tatsächliche Verwendung mit der beabsichtigten Verwendung nicht im Einklang steht, muss gegebenenfalls die Anwendung des § 15a UStG geprüft werden. An dem Zeitpunkt des Beginns der tatsächlichen Verwendung ändert sich insoweit nichts.

 

 

Änderung der Verhältnisse

 

Eine Änderung der Verhältnisse liegt insbesondere vor,

 

  • wenn sich aufgrund der tatsächlichen Verwendung nach § 15 Abs. 2 und 3 UStG ein höherer oder niedrigerer Vorsteuerabzug im Vergleich zum ursprünglichen Vorsteuerabzug ergibt, z. B. – wenn der Unternehmer ein Berichtigungsobjekt innerhalb des Unternehmens für Ausgangsumsätze nutzt, welche den Vorsteuerabzug anders als ursprünglich ausschließen oder zulassen,
  • wenn der Unternehmer einen ursprünglich ausgeübten Verzicht auf eine Steuerbefreiung (§ 9 UStG) später nicht fortführt oder
  • wenn sich das prozentuale Verhältnis ändert, nach dem die abziehbaren Vorsteuern ursprünglich gem. § 15 Abs. 4 UStG aufgeteilt worden sind,
  • wenn das Wirtschaftsgut veräußert oder entnommen wird und dieser Umsatz hinsichtlich des Vorsteuerabzugs anders zu beurteilen ist als der ursprüngliche Vorsteuerabzug (§ 15a Abs. 4 bzw. Abs. 8 UStG),
  • wenn der Unternehmer von der allgemeinen Besteuerung zur Nichterhebung der Steuer nach § 19 Abs. 1 UStG oder umgekehrt übergeht, ohne dass sich die Nutzung der Wirtschaftsgüter oder sonstigen Leistungen selbst geändert haben muss,
  • bei Übergang des Unternehmers von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach §§ 23, 23a und 24 UStG oder umgekehrt,
  • bei Rechtsänderung, die sich nach Leistungsbezug auf den Vorsteuerabzug auswirkt.
  • wenn sich die rechtliche Beurteilung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs später als unzutreffend erweist, sofern die Steuerfestsetzung für das Jahr des Leistungsbezugs bestandskräftig und unabänderbar ist.

 

Da zum 1.1.2011 ein Vorsteuerabzug aus einem sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten Gebäude gemäß § 15 Abs. 1b UStG nicht mehr möglich ist, werden Nutzungsänderungen über § 15a UStG berücksichtigt.

 

Gemäß § 15a Abs. 6a UStG ist die Vorsteuer zu berichtigen, wenn bei einem teilunternehmerisch genutzten Grundstück die unternehmerische Nutzung ausgeweitet wird.

 

Hinweis:

 

Soweit die Absicht und der Zeitpunkt der tatsächlichen Verwendung zusammenfallen, ändern sich die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse nicht. Sie können sich erst zu einem späteren Zeitpunkt ändern.

 

Beispiel:

 

Eine Bank hat einen Computer angeschafft, den sie für zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze nutzt. Nach zwei Jahren nutzt sie den Computer ausschließlich für steuerbefreite, nicht zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze.

 

Erst nach zwei Jahren wird die Berichtigungsvorschrift des § 15a UStG ausgelöst. Ursprüngliche Absicht und erstmalige Verwendung fallen zusammen.

 

Kein Fall des § 15a UStG liegt vor, wenn die Bank einen Computer anschafft und diesen von vornherein zu 40 % für steuerbefreite und zu 60 % für steuerpflichtige, zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze nutzt.

 

Hier sind die Vorsteuern sofort nach § 15 Abs. 4 UStG im Verhältnis 40:60 aufzuteilen.

 

Ändern sich jetzt innerhalb des Fünf-Jahres-Zeitraums die Verhältnisse, sind entsprechende Vorsteuerkorrekturen nach § 15a UStG vorzunehmen.

 

 

Wechsel der Besteuerungsart

 

Gemäß § 15a Abs. 7 UStG liegt eine Änderung der Verhältnisse auch dann vor, wenn die Art der Besteuerung geändert wird.

 

Dies ist der Fall, wenn von der allgemeinen Besteuerung zur Nichterhebung der Steuer bei Kleinunternehmern nach § 19 Abs. 1 UStG oder umgekehrt gewechselt wird.

 

Ebenso liegt eine Änderung der Verhältnisse bei dem Wechsel von der allgemeinen Besteuerung zur Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23, 23a oder 24 UStG oder umgekehrt vor.

 

Eine Korrektur erfolgt ab dem Zeitpunkt, in dem die Art der Besteuerung gewechselt wird. Der Vorsteuerabzug kann wiederrum zugunsten und zuungunsten in diesem Fall korrigiert werden.

 

 

Veräußerung oder Entnahme des Wirtschaftsguts

 

Gemäß § 15a Abs. 8 UStG ist eine Änderung der Verhältnisse gegeben, wenn ein Wirtschaftsgut veräußert oder entnommen wird und diese Veräußerung oder Entnahme anders zu beurteilen ist als die ursprünglichen Verhältnisse, die zum Vorsteuerabzug berechtigten.

 

Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Gegenstand, der zur Ausführung von steuerpflichtigen Umsätzen angeschafft wurde, steuerfrei veräußert wird. Häufig ist dies bei Grundstückveräußerungen der Fall, da diese Umsätze grundsätzlich gem. § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfrei sind.

 

 

Nutzungsveränderungen bei der Verwendung eines Grundstücks

 

Verschieben sich bei einem teilunternehmerisch genutzten Grundstück die Verhältnisse zwischen privater und unternehmerischer Nutzung (§ 15a Abs. 6a UStG, ab 1.1.2011) kommt eine Korrektur des Vorsteuerabzugs in Betracht.

 

Die Vorschrift soll die fehlende Möglichkeit, einen Vorsteuerabzug aus der privaten Nutzung geltend machen zu können, ausgleichen.

 

Seit dem 1.1.2011 ist ein Vorsteuerabzug gem. § 15 Abs. 1b UStG auf die unternehmerische Nutzung beschränkt. Wird diese Nutzung in den privaten Anteil ausgeweitet ist nach § 15a Abs. 6a UStG eine Vorsteuerberichtigung durchzuführen.

 

 

Berichtigungsverfahren

 

Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG ist jeweils für das Kalenderjahr des Berichtigungszeitraums vorzunehmen, in dem sich die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse im Vergleich zum Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung bzw. abweichend von der ursprünglichen Verwendungsabsicht geändert haben.

 

§ 15a UStG sagt nur etwas über die materiell-rechtlichen Regelungen der Vorsteuerberichtigung aus.

 

Wie die Berichtigung im Besteuerungsverfahren durchzuführen ist, regelt § 15a UStG nicht.

 

Regelmäßig erfolgt die Durchführung der Berichtigung im Rahmen der Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr. Erst am Ende des Jahres kann der Unternehmer feststellen, ob und wie sich die Verhältnisse hinsichtlich des Vorsteuerabzugs gegenüber dem Erstjahr bzw. der Verwendungsabsicht verändert haben.

 

In den Fällen der Veräußerung, die zu einer Änderung der Verhältnisse geführt haben, ist die Vorsteuerberichtigung in der Umsatzsteuervoranmeldung des Veräußerungsmonats durchzuführen.

 

Die Korrektur nach § 15a UStG führt nicht zu einer Berichtigung der Steuerfestsetzung für das Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung des Wirtschaftsguts. Vielmehr ist bei der Steuerfestsetzung für das jeweilige Jahr der Änderung der Verhältnisse ein Ausgleich vorzunehmen.

 

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz ist nur bei der Vereinfachungsregelung nach § 44 Abs. 3 UStDV erforderlich. Hier erfolgt dann die Berichtigung der Steuerfestsetzung erst für das Kalenderjahr, in dem der Berichtigungszeitraum endet (Vorsteuern bis zum Betrag von 6.000 €).

 

Technisch ist so zu verfahren, dass der gesamte Vorsteuerbetrag gleichmäßig auf den Berichtigungszeitraum verteilt wird. Da sich der Berichtigungszeitraum regelmäßig nicht auf volle Jahre erstreckt, ist jedoch in den Fällen, in denen dieser Zeitraum während des Kalenderjahres endet, für das letzte Kalenderjahr nicht der volle Jahresanteil der Vorsteuerbeträge, sondern nur der Anteil anzusetzen, der den jeweiligen Kalendermonaten entspricht (vgl. Abschn. 15a.4 Abs. 1 UStAE).

 

Im Ergebnis wird also in diesen Fällen die Vorsteuer auf 60 bzw. 120 Monate oder – bei einer kürzeren Verwendungsdauer – auf die den Verwendungsjahren entsprechenden Monate verteilt.

 

Gelegentlich kommt es vor, dass Vorsteuerbeträge nicht bereits im Zeitpunkt des Leistungsbezugs, sondern erst in einem späteren Jahr abgezogen werden können, weil beispielsweise eine Rechnung – oder bei Bauten Schlussrechnungen mit Steuerausweis – vor Beginn der erstmaligen Verwendung noch nicht vorgelegen haben.

 

Die Berechtigung zum Vorsteuerabzug im Folgejahr beurteilt sich auch in diesen Fällen nach der Verwendung des Wirtschaftsguts im Zeitpunkt des Leistungsbezugs.

 

Auch eine Veränderung der Verhältnisse ist an den Verhältnissen im Zeitpunkt des Leistungsbezugs zu messen und nicht etwa an den Verhältnissen im Abzugsjahr. Haben sich im Kalenderjahr des Abzugs oder bereits in einem vorangegangenen Jahr die Verhältnisse gegenüber dem Zeitpunkt des Leistungsbezugs geändert, so ist im Zeitraum des Abzugs über den erstmaligen Vorsteuerabzug zu entscheiden und gleichzeitig eine eventuell notwendige Berichtigung für die bereits abgelaufenen Folgejahre vorzunehmen.

 

Das Verwendungsverhältnis ist zweckmäßigerweise in Prozentpunkten auszudrücken.

 

Beispielsweise:

 

  • 100:0
  • 80:20
  • 50:50
  • 25:75 oder
  • 0:100

 

Die Ermittlung des prozentualen Verhältnisses ist in der Praxis nicht immer einfach, nur in seltenen Fällen exakt messbar und muss deshalb im Einzelfall möglichst zutreffend geschätzt werden.

 

 

Vereinfachungsregelungen nach §§ 44 und 45 UStDV

 

§§ 44 und 45 UStDV lassen Vereinfachungsregelungen des Berichtigungsverfahrens nach § 15a UStG zu. Nicht jede Änderung der Verhältnisse führt danach zu einer Vorsteuerberichtigung.

 

Dies gilt zugunsten und zuungunsten des Unternehmers, bei dem die Änderung zu beachten ist. Bei vielen Vorsteuerberichtigungen werden die Vereinfachungsbestimmungen zum Zuge kommen.

 

Gerade für sog. Bagatellfälle soll das Verfahren wesentlich vereinfacht werden. Die Vereinfachungsregelungen sind auch bei nachträglichen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten anzuwenden (§ 44 Abs. 4 UStDV).

 

Im Einzelnen handelt es sich um die vier folgenden Regelungen:

 

  • 1.000 €-Grenze
  • 10 %-Grenze
  • 6.000 €-Grenze
  • Ende des Berichtigungszeitraums