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Liquiditätsplanung und Liquiditätssicherung

 

Die Sicherstellung der Zahlungsfähigkeit spielte für die meisten Unternehmen und Selbständigen schon immer eine wichtige Rolle, auch wenn sie in der Priorität bisher selten ganz oben auf der Agenda stand.

 

In der Corona-Krise hat sich das in den meisten Fällen jedoch schlagartig geändert!

 

Viele Betriebe haben innerhalb weniger Tage Liquiditätsprobleme bekommen, und ohne staatliche Hilfen gäbe es noch wesentlich mehr finanzielle Niederlagen. Da sich in vielen Branchen die Lage noch nicht wirklich verbessert hat und es weiter Einschränkungen gibt, ist die Liquidität häufig weiterhin gefährdet. Der Beitrag gibt Tipps, was betroffene Unternehmen in der Krise und auch darüber hinaus tun können, um zumindest die gröbsten Folgen abzumildern.

 

Liquiditätsplanung zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit

 

Drohende Zahlungsunfähigkeit ist die Hauptursache für Unternehmenspleiten. Dabei kommt eine Insolvenz nie über Nacht. Sie entwickelt sich meist über einen längeren Zeitraum. Auch in der Corona-Krise mit ihren massiven Umsatzrückgängen hätten viele Betriebe weniger Probleme bekommen, wenn sie sich dem Thema früher und intensiver gewidmet und beispielsweise versucht hätten, über die Jahre eine Liquiditätsreserve aufzubauen.

 

Die Basis zur Sicherung der Zahlungsfähigkeit ist eine Liquiditätsplanung, über die jedes Unternehmen und jeder Selbständige zwingend verfügen muss. In ihr werden für einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren alle zahlungsrelevanten Positionen erfasst – also sämtliche Positionen, bei denen es zu Kontobewegungen kommt – und mindestens monatlich den erreichten Istwerten gegenübergestellt.

 

Aus der Gegenüberstellung ergeben sich in der Regel bereits wichtige Hinweise auf mögliche Schwachstellen, sich anbahnende Schwierigkeiten, aber auch auf Verbesserungsnotwendigkeiten und -möglichkeiten. Deshalb ist es unabdingbar, sich regelmäßig mit der Liquiditätsplanung und -entwicklung zu befassen. Meist genügt es, sich dem Thema einmal pro Monat zuzuwenden.

 

Umsetzung von Liquiditätsplanung und -sicherung in Krisenzeiten

 

Meist beinhaltet die Liquiditätsplanung einen Zeitraum von einem Jahr, in einigen Fällen von zwei Jahren. Berücksichtigt werden müssen alle zahlungsrelevanten Positionen, also sämtliche Geschäftsvorfälle, die zu Kontobewegungen führen. Hierin unterscheidet sich die Liquiditätsplanung in einigen Fällen von der regulären operativen Planung, weil zum Beispiel Abschreibungen nicht angesetzt werden, Investitionen aber sehr wohl. Mit einer reinen Liquiditätsplanung lässt sich also der Gewinn eines Unternehmens nicht darstellen. Daher ist es sinnvoll die Liquiditätsplanung mit einer Rentabilitätsbetrachtung zu verknüpfen.

 

Monatliche Planung

 

Grundsätzlich wird die Liquidität auf Monatsbasis geplant, das bedeutet es muss Monat für Monat geprüft werden, welche zahlungsrelevanten Umsätze, Kosten und andere Positionen realistisch sind. Hintergrund dieser Vorgehensweise ist, dass es unterjährig oft erhebliche Schwankungen bei den Zahlungsströmen und damit Kontobewegungen gibt.

 

Auch Investitionen, die die Liquidität besonders belasten, müssen möglichst mit konkreten Terminen geplant werden. In seltenen Fällen wird die Liquiditätsplanung auch wöchentlich bearbeitet, was aber weniger verbreitet ist.

 

Dennoch ist es sinnvoll, sich dem Thema Liquidität im ersten Schritt aus der „Adlerperspektive“ zu nähern und sich zu fragen, wie hoch die Auszahlungssumme auf das Jahr gesehen voraussichtlich ausfallen wird. Dazu kann man sich zunächst an der BWA orientieren und die Werte für alle Kosten eingeben. Zusätzlich ist es erforderlich, sämtliche weitere Auszahlungen zu planen, die nicht in der klassischen BWA auftauchen, beispielsweise Investitionen, Tilgungen oder Gesellschafterentnahmen. In der Summe lässt sich so der Gesamt-Kapitalbedarf für ein Jahr errechnen, auch wenn die monatliche Verteilung noch nicht ableitbar ist.

 

Gleichzeitig muss geprüft werden, ob – unter normalen Bedingungen – die gesamte Summe aus dem laufenden Geschäft zu erwirtschaften ist oder ob es noch Deckungslücken gibt und wie man diese schließen kann. Die „Jahresliquidität“ sollte ebenfalls für zwei Jahre geplant werden.

 

Unterjährige Planung von Rentabilität und Liquidität

 

Im nächsten Schritt sind die Jahreswerte auf Monate zu verteilen, und zwar auf die Zeitpunkte, zu denen Zahlungen stattfinden. Daher müssen die Monatswerte teilweise verändert und ergänzt werden. Wie zuvor, kann auf den Daten der BWA oder der Gewinn- und Verlustrechnung aufgebaut werden. Der Umsatz muss so geplant werden, dass er auf Zahlungseingänge abstellt, nicht auf Werte gebuchter Umsätze.

 

In der betrieblichen Praxis kann dazu beispielsweise die Kennzahl Debitoren- oder Forderungslaufzeit herangezogen werden. Dies führt unter Umständen zwar dazu, dass die Gewinn- und Verlustrechnung nicht vollständig korrekte Daten ausweist, weil bei Bilanzierern bereits gebuchter Umsatz den Gewinn erhöht, sollte aber in Kauf genommen werden, weil es hier in erster Linie darum geht, die Liquidität zu planen und zu sichern.

 

Alternativ können auch zwei Berechnungen erstellt werden:

 

  • eine, in der gebuchte Positionen und
  • eine, in der die Zahlungsvorgänge erfasst werden.

 

Es ergibt sich ein Durchschnittswert, wann gebuchter Umsatz auf dem Konto eingeht, hier 30 Tage. Entsprechend muss der Umsatz in der Planung „verschoben“ werden. Beim Material kann die Kreditorenlaufzeit verwendet werden, um die Zahlungszeitpunkte näherungsweise zu bestimmen.

 

Für die Liquiditätsplanung fehlen noch wichtige Daten, so dass die Rentabilitätsplanung entsprechend ergänzt werden muss. Beispielsweise muss die Abschreibung wieder auf den Gewinn oder Verlust aufgeschlagen werden, da diese nicht liquiditätswirksam ist. Weitere Veränderungen müssen vorgenommen und Positionen ergänzt werden.

 

So belasten zum Beispiel Erhöhungen von Forderungen oder Materialbeständen die Liquidität. Den gleichen Effekt hat die Tilgung von Lieferantenverbindlichkeiten. Diese Positionen lassen sich im unteren Teil unter „Planung/Annahmen“ eingeben. Verringern sich Forderungen und Vorräte bzw. erhöhen sich Lieferantenverbindlichkeiten, entsteht ein umgekehrter Effekt.

 

Außerdem können Auszahlungen zum Beispiel für Investitionen, Tilgungen oder Entnahmen geplant werden. Und es lassen sich weitere Einzahlungen planen, etwa aus der Kreditaufnahme oder durch Einlagen. Schließlich werden noch der Banksaldo zum Jahresbeginn sowie das freie Kontokorrent eingetragen und es ergibt sich pro Monat die verfügbare Liquidität.

 

Diese Planung und Berechnung der Liquidität ist natürlich nicht ganz genau, weil man z. B. auf Schätzungen zurückgreifen muss; sie genügt aber in jedem Fall, um frühzeitig zu erkennen, ob die Zahlungsfähigkeit grundlegend gegeben ist oder ob es Monate mit gravierenden Problemen gibt.

 

Gegenüberstellung mit Ist-Daten und Fortschreibung bis zum Jahresende

 

Nach jedem abgelaufenen Monat werden die Ist-Daten erfasst und mit den Planwerten verglichen.

 

 

Empfehlungen zur Verbesserung von Rentabilität und Liquidität

 

Reduzierung der Auszahlungen

 

Zunächst sollte – soweit noch nicht geschehen – die Auszahlungsseite betrachtet werden, da sich hier regelmäßig am schnellsten zählbare Erfolge erreichen lassen. Als Maßnahmenbeispiele zur Reduzierung von Kosten und anderen Auszahlungspositionen sind zu nennen:

 

  • Reduzierung, Streichung, Verschieben von Investitionen, gegebenenfalls Wahl einer anderen Finanzierungsform wie Leasing.
  • Reduzierung, Streichung, Verschieben von Gesellschafterentnahmen.
  • ABC-Analyse der Kostenarten vornehmen und alle Positionen auf Notwendigkeit und Angemessenheit (Betragshöhe, Volumen) prüfen und gegebenenfalls Reduzierungen umsetzen, etwa bei Werbung, Nutzung von Kurzarbeitergeld oder Abschluss besserer Verträge im Energiebereich oder bei Versicherungen, Kündigung nicht genutzter Verträge, zum Beispiel im Bereich Wartung, Konditionenverhandlungen mit Subunternehmern, Wareneinkauf möglichst auf Abruf statt auf Vorrat, wenn die Versorgungssicherheit gegeben ist.
  • Versuch, weiterhin Stundungen umzusetzen, beispielsweise bei Mieten, Krediten oder Versicherungen.

 

Erhöhung von Einzahlungen

 

Um die Einzahlungsseite kurzfristig zu stärken, sollten noch nicht erhaltene staatliche Hilfen möglichst kurzfristig eingefordert werden, und ggf. kann das Unternehmen mit der Bank über eine Ausweitung von Krediten (u. a. KfW-Darlehen) verhandeln. In der Krise ziehen sich die Verhandlungen mit Banken allerdings oft länger hin als in normalen Zeiten, weil umfassender geprüft wird und die Institute bei der Vergabe oft noch vorsichtiger sind. Eine Ausnahme bildet gegebenenfalls der vollständig von der Haftung befreite KfW-Schnellkredit. Auch die Unternehmensinhaber können in der Regel schnell helfen, wenn sie bereit und in der Lage sind, ihren Anteil aufzustocken und entsprechende Einzahlungen zu tätigen.

 

Verbesserung der Umsätze

 

Auf Dauer können Unternehmen am Markt nur bestehen, wenn es gelingt, (wieder) ausreichend Umsatz zu generieren. Und da stehen die Chancen vielfach gar nicht so schlecht, denn auch in der Corona-Krise wollen die meisten Menschen kaufen und konsumieren. Für den Großteil der von der Krise betroffenen Betriebe gibt es also durchaus Chancen, nennenswerte Umsätze zu tätigen, auch wenn es wohl nur selten möglich sein dürfte, einen krisenbedingten Umsatzrückgang vollständig auszugleichen. Allerdings kommen die Kunden nicht von allein; oft ist es notwendig, das Angebot und die Prozesse zu optimieren. Außerdem muss sich jedes Unternehmen so kundenfreundlich wie möglich positionieren und seinen Kunden den Kauf so einfach wie möglich machen.

 

Optimierung der Kundenorientierung

 

In der Krise müssen die Kunden und deren Wünsche noch viel stärker als unter normalen Bedingungen in den Mittelpunkt möglichst aller Entscheidungen des Betriebs gestellt werden. Die Beantwortung folgender Fragen hilft dabei, die Kundenorientierung zu verbessern:

 

  • Was würde ich an Leistungen und Verhalten des Unternehmens erwarten, wenn ich mein eigener Kunde wäre?
  • Was stört mich generell bei anderen Firmen am meisten, wenn ich etwas kaufen möchte?
  • Sind solche Hemmnisse im eigenen Betrieb auch vorhanden?
  • Wie können erkannte Hemmnisse beseitigt werden?
  • Welche Dinge, die über das reine Produkt- oder Leistungsangebot hinausgehen, stoßen wohl auf besonderes Interesse?
  • Gibt es konkrete Rückmeldungen von Kunden zur Zufriedenheit mit dem Leistungsangebot des Unternehmens?
  • Werden solche Rückmeldungen geprüft und für die Umsetzung von Verbesserungsmaßnahmen genutzt?
  • Werden vorrangig gute Kunden generell nach ihren Erfahrungen befragt, beispielsweise im Rahmen regelmäßiger Konditionengespräche, und werden deren Anregungen dazu genutzt, das Leistungsangebot zu verbessern?

 

Erstellung einer Zielgruppenbeschreibung

 

Ein nicht zu vernachlässigender Aspekt ist auch die Beschreibung des Kunden oder der Zielgruppen, die der eigene Betrieb ansprechen möchte. Im ersten Moment lautet die Antwort vielleicht: möglichst viele Menschen sollen zu den Kunden zählen. Dies kann in vielen Fällen richtig sein, etwa im Lebensmittelhandel, da jeder Mensch essen und trinken muss. Oft ist es aber nicht möglich oder sinnvoll, potenziell alle Menschen anzusprechen. Daher sollte sich das Angebot konsequent an den Anforderungen der Kern-Zielgruppen ausrichten.

 

In der Praxis unterscheiden sich Kunden und deren Anforderungen untereinander erheblich. Gewerbliche Kunden haben meist andere Wünsche als Privatkunden. Die Wünsche von Frauen und Männern sind nicht immer deckungsgleich und auch das Alter spielt häufig eine Rolle. Nicht zuletzt beeinflussen das verfügbare Einkommen sowie spezifische Interessen die Kundenwünsche. Die Herausforderung für ein Unternehmen besteht also darin, diejenigen Kunden zu identifizieren und anzusprechen, die sich für das eigene Angebot interessieren, bzw. die Angebotspalette so zu verändern, dass sie besonders gut zur Zielgruppe passt. Auch hier hilft es, einige Fragen zu beantworten, z. B.:

 

  • Welche Leistungen oder Produkte werden angeboten?
  • Welche Kunden können oder sollen mit dem Angebot angesprochen werden? Wer gehört konkret zu den Zielgruppen?
  • Welche Kunden hat man konkret vor Augen, wenn man an einen typischen „Fall“ denkt?
  • Gibt es Kundengruppen, die nicht angesprochen werden sollten? (Auch dies sollte festgehalten werden.)
  • Müssen bzw. können alle Kundengruppen gleich angesprochen werden, z. B. in der Werbung und bei Vertriebskanälen? Oder gibt es Unterschiede, etwa bei den Altersgruppen?
  • Welchen Nutzen haben die Kunden, wenn sie beim eigenen Betrieb kaufen (sowohl das Produkt/die Leistung betreffend als auch ggf. bezüglich besonders freundlicher Mitarbeiter, eine Montage vor Ort, Nachkontrolle von Leistungen/Produkten vor Ablauf der Gewährleistung usw.)?

 

Abbau von Kaufhemmnissen

 

Das Konzept funktioniert in den meisten Branchen auch in der Krise, da sich die grundlegenden Bedürfnisse der Zielgruppen kaum ändern. In Krisenzeiten ist es aber besonders wichtig, den Kunden das Kaufen so einfach und bequem wie möglich zu machen. Die Praxis zeigt allerdings, dass viele Unternehmen es ihren Kunden gar nicht immer leicht machen. Nachfolgend eine kleine Auswahl von Negativbeispielen:

 

Das Unternehmen ist schlecht erreichbar oder es vergehen Tage, bis man eine Antwort auf eine Anfrage per Mail, elektronischem Kontaktformular oder Telefon erhält.

Mitarbeiter erklären nur, dass sie nicht zuständig sind, ohne den Kunden mit der richtigen Person zu verbinden.

Kunden, die sich trotz Internetangebot telefonisch nach Produktleistungsmerkmalen erkundigen, können nicht während des ohnehin laufenden Gesprächs bestellen, sondern werden zur Bestellung im Internet angehalten.

Kunden, die ein Geschäft besuchen, stellen fest, dass sich Verkäufer mit allen möglichen Dingen beschäftigen, zum Beispiel Waren einräumen, sich aber nicht vorrangig um den Kunden kümmern. Auch der umgekehrte Fall ist möglich, dass sich Verkäufer zu aufdringlich verhalten und dem Kunden nicht von der Seite weichen, auch wenn dieser signalisiert, dass er sich zunächst allein umsehen möchte.

Die Bedienbarkeit von Online-Shops ist nicht intuitiv und führt zu häufigen Kaufabbrüchen.

Die Angaben und Angebote im Internet, Öffnungszeiten, Erreichbarkeit, Aussagen zu Lieferungen während der Krise, stimmen nicht mit der analogen Welt überein.

 

Unternehmer müssen ständig prüfen, ob es diese oder andere Hemmnisse gibt, die es Kunden erschweren, gerne zu kaufen. Andernfalls ist die Chance eher gering, Umsätze trotz Krise zu retten, denn die Kunden werden dann eher zum Kauf bei besser aufgestellten Wettbewerbern tendieren.

 

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