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Strukturbilanz erstellen

In einem Jahresabschluss stecken viele interessante Informationen zur Vermögens-, Finanz- und Ertragslage eines Unternehmens. Durch Analysen können zahlreiche Erkenntnisse gewonnen werden, beispielsweise dazu, zu welchem Prozentsatz das Vermögen des Unternehmens eigenkapitalfinanziert ist. Hierzu wird die Bilanz genauer betrachtet, Kennzahlen definiert und ermittelt. Doch da in einer handelsrechtlichen Bilanz häufig auf Bewertungswahlrechte zurückgegriffen wurde, kann diese Form der Bilanz zur Analyse nur schwer hergenommen werden. Die Strukturbilanz vereinfacht die Ermittlung der Kennzahlen erheblich. 

 

Definition der Strukturbilanz

 

Bei einer Strukturbilanz werden die Daten der Handelsbilanz aufbereitet. Es handelt sich dabei um ein Instrument der Bilanzanalyse. Durch die Aufbereitung der Handelsbilanz werden die Daten übersichtlicher dargestellt, zusammengefasst und Wahlrechte eliminiert, sodass Kennzahlen ermittelt werden können.

 

 

Strukturbilanz erstellen

 

Eine Handelsbilanz wird nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches erstellt. Sie folgt in der Regel einem bestimmten Gliederungsschema und ist entsprechend kleinteilig aufgebaut. Für eine Bilanzanalyse werden jedoch viele Daten verdichtet benötigt und neu aufbereitet. Deshalb ist es zur Vorbereitung einer Analyse von großem Vorteil, wenn eine Strukturbilanz erstellt wird. Sie vereinfacht die weiteren Analysen.

 

Wichtig: In einer Handelsbilanz sind häufig stille Reserven vorhanden. 

 

Um eine sinnvolle Analyse durchführen zu können, muss das Zahlenmaterial von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung in den meisten Fällen aufbereitet werden. Für die Bilanzanalyse bzw. -aufbereitung werden einzelne Positionen verdichtet, eliminiert bzw. die Informationen von Anhang und Lagebericht hinzugezogen und ausgewertet. Die neue, aufbereitete Bilanz wird als "Strukturbilanz" bezeichnet. 

 

Durch die analysebedingten Ansatz- und Bewertungskorrekturen verändert sich das Betriebsvermögen bzw. das Eigenkapital. Das für Analysezwecke ermittelte Eigenkapital bezeichnet man als "bilanzanalytisches Eigenkapital". Bei der Aufbereitung der Gewinn- und Verlustrechnung wird das Ergebnis sinnvollerweise in  verschiedene Teilergebnisse aufgespalten (Betriebs-, Finanz-, außerordentliches Ergebnis). 

 

Bestimmte Bilanzpositionen dürfen in der der Analyse zugrunde gelegten Strukturbilanz nicht mehr enthalten sein.

 

 

Geschäfts-/Firmenwert

Zwar gilt der entgeltlich erworbene Firmenwert aufgrund der Fiktion des § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB als Vermögensgegenstand und muss aus diesem Grunde in der Handelsbilanz aktiviert werden, jedoch ist er nicht verkehrsfähig bzw. kann er nicht einzeln veräußert werden. Somit handelt es sich tatsächlich nicht um einen Vermögensgegenstand, so dass der Firmenwert die Analyse der Vermögensstruktur nicht beeinflussen darf. Deshalb wird er in die Strukturbilanz nicht einbezogen. Es ist darauf zu achten, dass nicht nur die Vermögensseite der Strukturbilanz, sondern auch das bilanzanalytische Eigenkapital entsprechend um den für den Firmenwert aktivierten Betrag gekürzt wird.

 

Aktiviertes Damnum nach § 250 (3) HGB; H 6.10 EStH

Die aktiven Rechnungsabgrenzungsposten sind, um ein aktiviertes Damnum zu kürzen, da es sich hier um ein einmalig gezahltes Entgelt handelt, für das eine Gegenleistung nicht mehr zu erwarten ist. Es handelt sich nicht um Vermögen, sondern um bereits abgeflossene Betriebsausgaben, die für eine Gewinnausschüttung nicht zur Verfügung stehen und die die Kennziffern zur Vermögensanalyse nicht beeinflussen dürfen. Die Aktivierung in der Handels- und Steuerbilanz führt zu einem Ausweis von "Scheingewinnen".

 

Aktive latente Steuern

Latente Steuern entstehen durch Differenzen in den Wertansätzen von Handels- und Steuerbilanz.

 

Sofern das steuerliche Betriebsvermögen bzw. das steuerbilanzielle Eigenkapital jenes der Handelsbilanz temporär übersteigt, entstehen potentielle – d. h. noch nicht realisierte – Steuererstattungsansprüche, die gemäß § 274 Abs. 1 Satz 2 HGB in der Handelsbilanz unter einem gesonderten Posten (siehe § 266 Abs. 2 D HGB) ausgewiesen werden können. Es handelt sich also um ein handelsrechtliches Aktivierungswahlrecht, das steuerlich zu einem Ansatzverbot führt.

 

Da es sich bei aktiven latenten Steuern um nicht realisierte (Eventual-) Forderungen handelt, welche die Vermögensanalyse nicht beeinflussen dürfen, sind diese in einer Strukturbilanz nicht mehr enthalten. Das "bilanzanalytische Eigenkapital" ist gleichsam zu kürzen.

 

 

Umbewertung

 

Für Zwecke der Bilanzanalyse sind die einzelnen Bilanzposten sinnvollerweise umzubewerten. Die aus historischen Anschaffungs- oder Herstellungskosten entwickelten bilanziellen (Rest-)Buchwerte eignen sich nicht für eine Vermögensanalyse. Deshalb zieht man hierzu aktuelle Verkehrswerte heran, die das tatsächlich zum jeweiligen Zeitpunkt im Unternehmen gebundene Kapital widerspiegeln. Durch die Umbewertung erhält man das so genannte "bilanzanalytische Eigenkapital".

 

 

Gliederungskorrekturen bei der Bilanzaufbereitung

Die Gliederung des Anlagevermögens nach § 266 HGB kann zu Analysezwecken so bestehen bleiben. Das Umlaufvermögen ist nach 3 Liquiditätsstufen zu gliedern. Die Verdichtung der Einzelpositionen zu Gruppen ist vom angestrebten Analyseziel abhängig. 

 

Die Liquiditätsstufen ergeben sich wie folgt:

 

1. Stufe = Flüssige Mittel (Bank, Kasse, Schecks, börsenfähige Wertpapiere)

2. Stufe = Flüssige Mittel + Forderungen aus Lieferungen und Leistungen + sonstige Vermögensgegenstände

3. Stufe = Flüssige Mittel + Forderungen aus Lieferungen und Leistungen + sonstige Vermögensgegenstände + Vorräte 

 

Bei der Gliederung des Kapitals ist zu berücksichtigen, ist zu berücksichtigen, dass vorgesehene Ausschüttungen laut Ergebnisverwendungsvorschlag, der nach den §§ 325 und 326 HGB offenzulegen ist, vom Jahresüberschuss bzw. Bilanzgewinn abzuziehen sind und dem kurzfristigen Fremdkapital zugerechnet werden müssen.

 

Der ausgewiesene Bilanzgewinn ist vollständig dem kurzfristigen Fremdkapital zuzurechnen, wenn der Verwendungsvorschlag nichts Anderes vorgibt. Rückstellungen für Pensionen sind – inklusive der aus dem Anhang ersichtlichen unterlassenen Rückstellungen – dem langfristigen Fremdkapital zuzuordnen. 

 

Steuerrückstellungen und sonstige Rückstellungen dem kurzfristigen Fremdkapital, wenn sich aus dem Anhang bzw. der weiteren Informationen nach § 285 Nr. 12 HGB nichts anderes ergibt.

 

Die Fristigkeit der Verbindlichkeiten ergibt sich zum einen aufgrund der Angabepflicht nach § 268 Abs. 5 HGB, wonach die Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von bis zu 1 Jahr separat in der Bilanz ausgewiesen werden müssen, zum anderen kann der Gesamtbetrag der Verbindlichkeiten mit einer Laufzeit von mehr als 5 Jahren aus dem Anhang entnommen werden (§ 285 Nr. 1 HGB).

 

Die Struktur des Fremdkapitals ergibt sich wie folgt:

 

Besonderheiten der Zuordnung

  1. Erhaltene Anzahlungen auf Bestellungen (siehe § 266 Abs. 3 C Nr. 3 HGB) werden mit den Vorräten (§ 266 Abs. 2 B I HGB) verrechnet.

  2. Passive Rechnungsabgrenzungsposten sind zunächst mit Aktiven Rechnungsabgrenzungsposten zu saldieren. Sollte ein "passiver Überschuss" verbleiben, ist dieser dem kurzfristigen Fremdkapital zuzurechnen (nur zu Zwecken der Analyse!), da es sich quasi um erhaltene Anzahlungen auf im Folgejahr zu erbringende Leistungen handelt. Analog hierzu wird ein "aktiver Überschuss" unter den Forderungen ausgewiesen, weil Anzahlungen auf noch nicht erhaltene Leistungen vorliegen.

 

Fazit: Strukturbilanz ist der erste Schritt zur Bilanzanalyse

Die Erstellung einer Strukturbilanz macht immer dann Sinn, wenn bestimmte Kennzahlen ermittelt werden sollen. Sie ist daher ein wichtiges Instrument, damit eine Bilanzanalyse erfolgen kann. Die Strukturbilanz kann dabei nicht nur vom Unternehmen selbst erstellt werden. Auch Investoren oder Analysten können diese auf Basis des Jahresabschlusses eines Unternehmens aufbereiten.