Immer wieder Thema in der mündlichen Bilanzbuchhalterprüfung ist das Insolvenzverfahren. Dies liegt natürlich auch an der Problemstellung, welche in der mündlichen Prüfung mithilfe von Kennzahlen zu analysieren ist, die nicht selten mit der drohenden Zahlungsunfähigkeit zu tun hat.
Allgemein
Die Betriebsinsolvenz steht für den Zustand der Zahlungsunfähigkeit eines Betriebs. Das Unternehmen kann die Forderungen der Gläubiger nicht mehr befriedigen und somit seine finanziellen Verpflichtungen nicht mehr erfüllen. Im Rahmen eines Insolvenzverfahrens wird geprüft, ob der Betrieb zu retten und die Schulden abzubauen sind, oder ob eine Schließung als einziger Ausweg bleibt.
Grundsätzlich wird ein Insolvenzverfahren nur eröffnet, wenn ein Antrag auf Eröffnung eines Verfahrens beim Insolvenzgericht gestellt wird. Bestimmte Unternehmen sind jedoch gesetzlich verpflichtet, einen Antrag zu stellen, wenn ein Unternehmen seine finanziellen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen kann. Zu diesen Unternehmen gehören die GmbH, die Aktiengesellschaft, Genossenschaften, die GmbH & Co.KG, die OHG, kurz alle juristischen Personen.
Ziel und Grundsätze des Insolvenzverfahrens
Das heutige Insolvenzrecht verfolgt vor allem das Ziel, Unternehmen zu sanieren und Schuldnern, wenn nötig einen wirtschaftlichen Neuanfang zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen die Gläubiger eines insolventen Schuldners in ihrer Gesamtheit unter dem Gesichtspunkt fairer Gleichberechtigung bestmöglich befriedigt werden.
Dies soll entweder durch die Sanierung oder die Zerschlagung des insolventen Unternehmens erreicht werden. Die Sanierung erfolgt beispielsweise durch die „übertragende Sanierung“ (Veräußerung des Unternehmens oder von Unternehmensanteilen) oder durch das Insolvenzplanverfahren.
Im Insolvenzverfahren gilt der Grundsatz der Gläubigergleichbehandlung.
Einzelne Gläubiger haben keine Möglichkeit, auf einzelne Vermögensgegenstände zuzugreifen; insbesondere gilt ein Verbot der eigenständigen Vollstreckung. Ein „Wettlauf der Gläubiger“ wird dadurch verhindert. Neben der Gläubigerbefriedigung soll das Insolvenzverfahren natürlichen Personen mit der Restschuldbefreiung die Möglichkeit zum wirtschaftlichen Neuanfang geben.
Die wesentlichen Regelungen für das Insolvenzverfahren finden sich in der Insolvenzordnung (InsO) und dem Anfechtungsgesetz (AnfG).
Insolvenzfähigkeit
Einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens können der Unternehmer selbst oder seine Geschäftspartner, aber auch Banken, Finanzämter, Krankenkassen stellen. Der Antrag ist bei den für Insolvenzsachen zuständigen Amtsgerichten zu stellen. Zuständig ist in der Regel das Insolvenzgericht, wo der Unternehmer seinen Geschäftssitz hat. Dort gibt es auch die entsprechenden Antragsformulare. Bei juristischen Personen kann jeder gesetzliche Vertreter einen Antrag stellen. Bei einer GmbH ist der Geschäftsführer derjenige, der antragsberechtigt ist.
Der Fremdantrag eines Gläubigers ist nur dann zulässig, wenn er bestimmte Anforderungen erfüllt. Der Antragsteller muss Unterlagen zum Nachweis der Forderung vorlegen. Außerdem ist darzulegen, dass der Schuldner außerstande ist, diese Verbindlichkeit zu erfüllen. Ausreichend dafür ist beispielsweise das Protokoll eines Gerichtsvollziehers über einen erfolglosen Pfändungsversuch oder die eidesstattliche Versicherung des Schuldners über seine Vermögenssituation.
Bei juristischen Personen und Handelsgesellschaften ist jedes Mitglied des Vertretungsorgans bzw. jeder persönlich haftende Gesellschafter zur Stellung des Insolvenzantrags berechtigt. Wird der Antrag nicht von allen Mitgliedern des Vertretungsorgans bzw. allen persönlich haftenden Gesellschaftern gestellt, muss der Eröffnungsgrund glaubhaft gemacht werden. Im Fall der so genannten Führungslosigkeit, wenn beispielsweise der Geschäftsführer abgetaucht ist, ist jeder Gesellschafter, bzw. jedes Mitglied des Aufsichtsrats zur Antragstellung berechtigt.
Insolvenzantrag
Das Insolvenzverfahren wird grundsätzlich nur auf Antrag hin eröffnet. Voraussetzung ist stets ein Eröffnungsgrund. Dieser kann in der Zahlungsunfähigkeit, der drohenden Zahlungsunfähigkeit sowie in der Überschuldung bestehen. In der Praxis wird der weit überwiegende Teil der Insolvenzverfahren wegen Zahlungsunfähigkeit eröffnet.
Zahlungsunfähigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gegeben, wenn der Schuldner nicht innerhalb von drei Wochen in der Lage ist, 90 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten zu begleichen.
Antragsberechtigt sind der Unternehmer bzw. das Unternehmen selbst sowie dessen Gläubiger, sofern sie ein berechtigtes Interesse haben und ihre Forderungen sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft machen können. Dies erfolgt beispielsweise durch das Protokoll eines Gerichtsvollziehers über einen erfolglosen Pfändungsversuch oder die eidesstattliche Versicherung des Schuldners über seine Vermögenssituation.
Der Insolvenzantrag ist bei den für Insolvenzsachen zuständigen Amtsgerichten zu stellen. Örtlich zuständig ist in der Regel das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk das Schuldnerunternehmen seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Das ist in der Regel der Geschäftssitz. Welches Insolvenzgericht für den Insolvenzantrag zuständig ist, steht im Gerichtsverzeichnis unter www.insolvenzbekanntmachungen.de. Anschriften der Insolvenzgerichte in Bayern befinden sich unter www.insolvenzgerichte.de/Bayern.
Insolvenzgericht
Das Insolvenzgericht ist für die Durchführung des Insolvenzverfahrens zuständig. Es entscheidet über den Insolvenzantrag, bestimmt den Insolvenzverwalter und prüft Anträge zur Restschuldbefreiung.
Zuständigkeit
Sachlich ist grundsätzlich das Amtsgericht, in dessen Bezirk ein Landgericht seinen Sitz hat, als Insolvenzgericht für den Bezirk dieses Landgerichts ausschließlich zuständig. Örtlich zuständig ist ausschließlich das Insolvenzgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Liegt der Mittelpunkt einer selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Schuldners an einem anderen Ort, so ist ausschließlich das Insolvenzgericht zuständig, in dessen Bezirk dieser Ort liegt. Sind mehrere Gerichte zuständig, so schließt das Gericht, bei dem zuerst die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt worden ist, die übrigen aus.
Aufgaben
Die Aufgaben des Insolvenzgerichts sind insbesondere:
- Prüfung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und einhergehende Entscheidung
- Bis zur Entscheidung über den Insolvenzantrag kann das Gericht vorläufige Maßnahmen nach § 21 InsO anordnen (bspw. die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, eines vorläufigen Gläubigerausschusses oder eine vorläufige Postsperre)
- Bestellung und Beaufsichtigung des Insolvenzverwalters
- Durchführung des Schuldenbereinigungsverfahrens
- Einberufung der Gläubigerversammlung
Ablauf des Insolvenzverfahrens
Regelinsolvenz
Für alle Unternehmen gilt, dass sie das Regelinsolvenzverfahren durchführen müssen, unabhängig davon, ob sie Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften oder Selbständige oder Freiberufler sind. Vom Regelinsolvenzverfahren zu unterscheiden ist das Verbraucherinsolvenzverfahren, das allen Privatpersonen ohne selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit offen steht, aber auch allen ehemals Selbständigen, sofern diese im Zeitpunkt der Eröffnung weniger als 20 Gläubiger haben und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Die Regelinsolvenz richtet sich nach anderen Verfahrensvorschriften als die Verbraucherinsolvenz.
Das Schutzschirmverfahren
Wer als Unternehmer in eine nicht nur vorübergehende finanzielle Schieflage gerät und gute Chancen für eine Sanierung hat, sollte nicht warten, bis das Unternehmen zahlungsunfähig ist. Schon in diesem frühen Stadium kann es sinnvoll sein, einen Insolvenzantrag zu stellen. Die Insolvenzordnung sieht für diese Fälle das Eigenverwaltungsverfahren vor, das dem Schuldner die Chance bietet, sein Unternehmen frühzeitig zu sanieren. Das Schutzschirmverfahren ist ein Spezialfall der Eigenverwaltung.
Es handelt sich dabei um ein Vorbereitungsverfahren für eine Sanierung durch Insolvenzplan in Kombination mit Eigenverwaltung. Das Schutzschirmverfahren wird nur auf Antrag des Schuldners durchgeführt.
Ein Unternehmen kann unter den Schutzschirm schlüpfen, wenn:
- demnächst die Zahlungsunfähigkeit droht oder das Unternehmen überschuldet ist und
- die Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.
Beides muss dem Schuldner bescheinigt werden. Die Bescheinigung kann nur ein in Insolvenzsachen erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt oder eine Person mit vergleichbarer Qualifikation ausstellen. Sie ist bei Antragstellung vom Schuldner vorzulegen.
Ist das Unternehmen bereits zahlungsunfähig, scheidet hingegen ein Schutzschirmverfahren aus.
Die Vorteile des Verfahrens sind:
- der Schuldner behält die Kontrolle über sein Unternehmen,
- kurze Verfahrensdauer von 6 bis 7 Monaten bis zum Abschluss des Eigenverwaltungsverfahrens,
- geringere Verfahrenskosten führen zu mehr Masse und höhere Quoten für Gläubiger,
- Erhöhung der Liquidität: keine Abgabe von Steuern und Sozialabgaben im Zeitraum zwischen Antragstellung und Eröffnung (3 Monate)
Dadurch zeichnet sich das Schutzschirmverfahren aus:
- Das Vorschlagsrecht für den Sachwalter hat der Schuldner.
- Der Schuldner muss innerhalb von maximal drei Monaten einen Sanierungsplan ausarbeiten.
- Es besteht Vollstreckungsschutz für die Dauer der Ausarbeitung des Sanierungsplans (höchstens für 3 Monate).
- Forderungen von Gläubigern können in Gesellschaftsanteile umgewandelt werden (sog. Dept-Equity-Swap).
Neu: Restschuldbefreiung verkürzt auf drei Jahre
Bislang konnte ein Schuldner nach sechs Jahren von seinen Schulden los kommen. Nur unter engen Voraussetzungen war ein Schuldenschnitt schon nach drei Jahren möglich. Das ist seit 01. Oktober 2020 jetzt der Normalfall. Schuldner, denen die Restschuldbefreiung nicht versagt wird, können jetzt nach drei Jahren schuldenfrei werden. Ermöglicht hat dies das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens, das der Bundestag am 17.12.2020 auf den Weg gebracht hat und rückwirkend für alle Anträge ab dem 01. Oktober 2020 gilt.
Für alle Anträge, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 gestellt wurden, gibt es eine Übergangsregelung.
Die Rechtschuldbefreiung steht allen natürlichen Personen offen. Deshalb können Selbstständige, Freiberufler und Privatpersonen einen Antrag stellen. Bei der Insolvenz einer GmbH ist jedoch keine Rechtschuldbefreiung möglich, da die GmbH eine juristische Person ist.
Die Restschuldbefreiung ist vor allem dann für den Schuldner wichtig, wenn zu erwarten ist, dass er auch nach dem Insolvenzverfahren auf einem Schuldenberg sitzen bleiben wird. Voraussetzung ist, dass der Schuldner (ggf. neben einem Fremdantrag) selbst einen Insolvenzantrag gestellt hat. Nach einer sogenannten Wohlverhaltensperiode kann einem redlichen Schuldner die Restschuldbefreiung erteilt werden. Diese bewirkt, dass der Schuldner von den restlichen (Alt-)Verbindlichkeiten gegenüber seinen Gläubigern befreit wird.
Der Schuldner, der einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellt, hat sich bereits mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens um eine Erwerbstätigkeit zu bemühen. Für die nächsten drei Jahre hat er das hieraus erzielte pfändbare Arbeitseinkommen oder diesem gleichgestellte Bezüge an einen Treuhänder abzutreten. Zwangs- und Vollstreckungsmaßnahmen einzelner Gläubiger sind während dieser sogenannten Wohlverhaltensperiode unzulässig.
Geht der Schuldner keiner Erwerbstätigkeit nach oder bemüht er sich nicht ausreichend darum oder er wird er wegen Insolvenzstraftaten (z.B. Insolvenzverschleppung) verurteilt, kann die Restschuldbefreiung versagt werden.
Für Gläubiger gilt mehr denn je: Forderungsausfälle und Anfechtungsrisiken bei Insolvenzen lassen sich am effektivsten durch
Konsequentes Forderungsmanagement und durch ein im Unternehmen etabliertes Mahnwesen begegnen.
Verfahrenskosten
Das Insolvenzgericht eröffnet das Insolvenzverfahren nur dann, wenn das Vermögen des Schuldners voraussichtlich ausreichen wird, um die Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Auslagen, Kosten des Insolvenzverwalters) zu decken. Ist der Schuldner eine natürliche Person, mittellos und beabsichtigt er, Restschuldbefreiung zu erlangen, können ihm auf Antrag die Verfahrenskosten gestundet werden. Soweit der Gläubiger die Abweisung mangels Masse verhindern will, kann er einen Massekostenvorschuss leisten, der die gesamten voraussichtlich entstehenden Kosten des Insolvenzverfahrens abdecken muss.
Eröffnung des Insolvenzverfahrens
Ein Insolvenzverfahren wird eröffnet, wenn der Unternehmer die fälligen Zahlungspflichten nicht mehr erfüllen kann oder wenn für den Unternehmer schon absehbar ist, dass er die Rechnung nicht bezahlen kann (sogenannte drohende Zahlungsunfähigkeit). Anders verhält es sich bei juristischen Personen. Stellt der Geschäftsführer einer GmbH fest, dass die Firma rechnerisch überschuldet ist, muss der Geschäftsführer keinen Antrag stellen, wenn die Fortführung des Unternehmens erfolgversprechend ist. Eine solche positive Fortführungsprognose setzt zunächst voraus, dass beim Unternehmer der Wille besteht, das Unternehmen fortzuführen. Das allein reicht jedoch nicht aus. Sie kann nur erteilt werden, wenn auch ein ordentlicher Geschäftsleiter sich unter Berücksichtigung aller Umstände für eine Fortführung des Unternehmens entscheiden würde. Der Unternehmer hat deshalb ein konkretes Unternehmenskonzept zusammen mit einem Finanzplan und einer Liquiditätsrechnung zu erarbeiten. Gelingt das, können rechnerisch überschuldete GmbHs und andere juristische Personen einer Insolvenz entgehen.
Ablauf des Insolvenzverfahrens
Nach einem Insolvenzantrag beginnt zunächst ein Eröffnungsverfahren, das primär dem Schutz der künftigen Insolvenzmasse dient. Während dieser Phase werden die Verfahrensvoraussetzungen geprüft. Je nach Ausgang dieser Prüfung wird der Insolvenzantrag entweder abgelehnt oder das Insolvenzverfahren wird durch gerichtlichen Beschluss eröffnet. Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, übernimmt der Insolvenzverwalter die Geschäfte. Sein Hauptziel liegt darin, die Forderungen der Gläubiger möglichst weitgehend zu befriedigen. Dazu nutzt er alle Mittel: Er kann den Betrieb sanieren, Teile des Unternehmens verkaufen, oder den Betrieb komplett zerschlagen. Mit dem Eröffnungsbeschluss werden die Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen innerhalb einer bestimmten Frist beim Insolvenzverwalter anzumelden. Die Frist beträgt mindestens 2 Wochen, höchstens jedoch 3 Monate. Die Gläubiger werden außerdem aufgefordert, dem Insolvenzverwalter etwaige Sicherungsrechte mitzuteilen. Schuldnern des insolventen Unternehmens wird mitgeteilt, dass sie nicht mehr an dieses, sondern nur noch an den Insolvenzverwalter leisten dürfen.
Insolvenzverfahren bei Einzelunternehmen
Inhaber von Einzelunternehmen sind natürliche Personen, die mit ihrem gesamten Privatvermögen haften. Eine Alternative zur Betriebsinsolvenz ist die Privatinsolvenz für ehemals Selbständige. Diese Alternative ist empfehlenswert, wenn ein Einzelunternehmer, der wirtschaftlich in Schieflage geraten ist, seine selbständige Tätigkeit aufgeben und den Betrieb einstellen will. Die Gläubiger fordern das Geld dann von einem Privatmann. Damit steht Einzelunternehmern der Weg in die Privatinsolvenz (Verbraucherinsolvenz) offen, die schnell zur Schuldenfreiheit führt.
Die Möglichkeit einer Privatinsolvenz besteht allerdings nur dann, wenn die Vermögensverhältnisse des Einzelunternehmers überschaubar sind, weniger als 20 Gläubiger offene Forderungen gegen ihn haben und keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Müssen Einzelunternehmer eine Betriebsinsolvenz anmelden, können auch sie Schuldenfreiheit erlangen. Damit dies gelingt, sollten Einzelunternehmer unbedingt auch einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. Für die Zeit der Wohlverhaltensphase (Zeitraum nach Beendigung des Insolvenzverfahrens und bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung müssen die pfändbaren Einkünfte abgetreten werden, damit sie den Gläubigern zur Verfügung stehen. Auch in der Insolvenz ist es möglich, die selbständige Tätigkeit fortzuführen. Hierfür ist es erforderlich, dass der Insolvenzverwalter die selbständige Tätigkeit freigibt.
Kapitalgesellschaft in der Krise – Insolvenzverfahren bei GmbH und AG
Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, wie einer GmbH oder AG, müssen bei einer finanziellen Krise unbedingt einen Insolvenzantrag stellen. Sie sind verpflichtet zu prüfen, ob eine Insolvenz vorliegt und innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag zu stellen. Die dreiwöchige Frist ist eine Höchstfrist, die nicht unbedingt ausgenutzt werden darf. Ansonsten können die Gläubiger Schadenersatzansprüche gegen die Geschäftsführer geltend machen und es droht ein Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung.
Erste Schritte bei einer Betriebsinsolvenz
Die gute Nachricht ist: Eine Betriebsinsolvenz bedeutet nicht zwangsläufig das "Aus" für den Betrieb. Betroffene Unternehmer dürfen aber nicht den Kopf in den Sand stecken, denn eine Insolvenzverschleppung, also das verspätete Stellen eines Insolvenzantrags kann zu erheblichen Nachteilen führen. Der Unternehmer, der verspätet einen Insolvenzantrag stellt, bekommt keine Restschuldbefreiung. Geschäftsführer einer GmbH oder andere gesetzliche Vertreter juristischer Personen, begehen sogar eine Straftat, wenn Sie den Antrag zu spät stellen.
Gerät ein Unternehmen in Zahlungsschwierigkeiten, sind folgende Schritte erforderlich:
- Reichen die finanziellen Mittel nicht mehr aus, um die Verpflichtungen zu erfüllen, stellt der Unternehmer selbst einen Insolvenzantrag bei Gericht. Auch Gläubiger haben die Möglichkeit, ein Insolvenzverfahren zu beantragen.
- Das Gericht eröffnet ein vorläufiges Insolvenzverfahren und bestimmt einen Insolvenzverwalter für den Betrieb. Der Unternehmer darf sein Unternehmen nicht mehr leiten und auch keine Geschäfte mehr führen (allgemeines Verfügungsverbot). Bis zur Entscheidung des Gerichts, ob das Insolvenzverfahren eröffnet wird, führt der Insolvenzverwalter das Unternehmen fort.
- Der Insolvenzverwalter hat nun Zeit zu überprüfen, ob das Vermögen des Unternehmens ausreicht, die Kosten des anstehenden Insolvenzverfahrens zu decken.
- Während dieser Zeit sind die Zahlungsverpflichtungen eingefroren. Gerichtsvollzieher können in dieser Zeit nicht vollstrecken.
- Reichen die Mittel aus, um die Kosten des Verfahrens zu bezahlen und liegt ein Insolvenzgrund vor, eröffnet das Gericht das ordentliche Insolvenzverfahren. Der Insolvenzverwalter erhält alle Rechte des Betriebs und die Gläubiger können Ihre Forderungen beim Insolvenzverwalter anmelden. Der Insolvenzverwalter versucht, das Unternehmen zu sanieren oder das Vermögen des Unternehmens zu verwerten und die Schulden bei den Gläubigern abzuzahlen.
- Steht am Ende des vorläufigen Insolvenzverfahrens fest, dass die Kosten eines Insolvenzverfahrens nicht bezahlt werden können, lehnt das Gericht ein ordentliches Verfahren ab und weist den Antrag mangels Masse ab. Der Betrieb wird geschlossen und die Gläubiger bleiben auf den Außenständen sitzen. Natürliche Personen wie z.B. Selbstständige oder persönlich haftende Komplementäre, nicht aber GmbH-Geschäftsführer, werden im Schuldnerverzeichnis eingetragen. Eine Abweisung mangels Masse kann zur Gewerbeuntersagung führen.
Welche Rechte und Pflichten haben Arbeitnehmer bei einer Insolvenz des Betriebes?
Neben dem Betriebsinhaber selbst sind die Arbeitnehmer von einer Insolvenz betroffen. Sie müssen um ihren Lohn und ihren Arbeitsplatz fürchten. Daher ist im Insolvenzrecht auch festgeschrieben, welche Rechte und Pflichten die betroffenen Mitarbeiter haben.
Grundsätzlich gilt:
- Ein ordentliches Insolvenzverfahren hat keine Auswirkungen auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses und ändert daher nichts an den Pflichten des Arbeitnehmers. Er muss weiterhin zur Arbeit erscheinen. Allerdings geht mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Arbeitgeberstellung auf den Insolvenzverwalter über.
- Vor und während einer Insolvenz kann es dazu kommen, dass Arbeitnehmer ihren Lohn nicht erhalten. Um später Ansprüche geltend machen zu können, sollten Mitarbeiter das fehlende Geld schriftlich anmahnen und eine fristgerechte Zahlung fordern.
- Eine Bitte des Arbeitgebers um Stundung des Gehalts oder den Verzicht auf Urlaubs- oder Weihnachtsgeld dürfen Arbeitnehmer ablehnen. Nicht ausgezahlte Beträge fließen nicht in die Berechnung des Arbeitslosengeldes ein und senken die Leistungen der Arbeitsagentur.
- Als Ersatz für bis zu drei Monate ausstehenden Lohn bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder der Nichteröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse zahlt die Arbeitsagentur Insolvenzgeld. Arbeitnehmer müssen das Insolvenzgeld aktiv und bis spätestens zwei Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragen, sonst gehen sie leer aus.
- Auch im Insolvenzverfahren gelten die allgemeinen arbeitsrechtlichen Schutzbestimmungen. Ein Insolvenzverfahren stellt keinen Grund für eine außerordentliche Kündigung durch Arbeitgeber oder Insolvenzverwalter dar. Soweit im Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden, gelten für ordentliche Kündigungen die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes. Wenn Arbeitsplätze entfallen, kommen betriebsbedingte Kündigungen in Betracht, wobei auch die Regelungen zur Sozialauswahl zu beachten sind. Für den Arbeitnehmer gelten ebenfalls die allgemeinen Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes. Falls der Arbeitnehmer gegen eine Kündigung vorgehen möchte, muss er innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage zum Arbeitsgericht erheben.
- Eine Besonderheit im Insolvenzverfahren besteht lediglich hinsichtlich der ordentlichen Kündigungsfrist: Arbeitsverhältnisse können in der Insolvenz mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Längere gesetzliche, tarifvertragliche oder vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen oder eine ordentliche Unkündbarkeit sind unbeachtlich.
- Sofern keine betrieblichen Gründe dagegensprechen, darf auch während des laufenden Insolvenzverfahrens Urlaub genommen werden.
Wie erhalten Gläubiger ihr Geld?
Das Insolvenzverfahren unterliegt klaren Regeln. Daher dauert es einige Zeit, bis die Gläubiger die ausstehenden Beträge ganz oder teilweise erhalten. Unter Umständen sind keine Vermögenswerte mehr vorhanden und die Gläubiger müssen den Schaden komplett selbst tragen.
Im Eröffnungsbeschluss des Insolvenzgerichts werden die bekannten Gläubiger aufgefordert, ihre Forderungen binnen einer Frist (zwischen 2 Wochen und 3 Monaten) beim Insolvenzverwalter zur Insolvenztabelle anzumelden. Diese Frist ist keine Ausschlussfrist. Auch später angemeldete Forderungen sind bis zum Schlusstermin zu berücksichtigen. Es kann passieren, dass eine Zustellung an einzelne Gläubiger unterbleibt. In solchen Fällen empfiehlt es sich, nicht lange auf eine Aufforderung zu warten, sondern die Forderungen unaufgefordert beim Insolvenzverwalter anzumelden. Der Insolvenzverwalter berücksichtigt nicht angemeldete Forderungen nicht, selbst, wenn sie sich eindeutig aus der Buchhaltung des Schuldners ergeben.
Die Forderungsanmeldung ist grundsätzlich formlos schriftlich möglich. Oft stellen Insolvenzverwalter ein Formblatt zur Verfügung. Die Forderung muss nach Art und Höhe benannt werden. Der Rechtsgrund der Forderung ist anzugeben und mit Belegen/ Urkunden in Kopie nachzuweisen. Nicht auf Geldzahlung gerichtete Forderungen sind mit ihrem Gegenwert anzugeben. Zinsen können nur bis zum Tag der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden. Gibt es einen Insolvenzplan zur Unternehmenssanierung, sollte der Gläubiger seine Forderung bis zum Termin zur Abstimmung über den Insolvenzplan angemeldet haben, andernfalls verjährt sie in einem Jahr nach Rechtskraft der Planbestätigung.
Insolvenz nach Plan – Aktiv gegen den Betriebsverlust
Wenn ein Unternehmen in die Insolvenz gerät oder sich eine Zahlungsunfähigkeit abzeichnet, können Geschäftsführer und Inhaber viel tun, um das Heft in der Hand zu behalten. Mit den richtigen Vorgehensweisen ist es möglich, die Leitung des Betriebs zu behalten und selbst an der Sanierung zu arbeiten.
Dazu stehen für Einzelunternehmen und Kapitalgesellschaften mehrere Wege offen:
- Auffanggesellschaft: Lange bevor es zur Zahlungsunfähigkeit und zu einem Insolvenzantrag kommt, gründet der Inhaber oder Geschäftsführer eine Auffanggesellschaft, bei der er sich selbst anstellt. Ein solcher Schritt sollte allerdings von einem Rechtsanwalt begleitet werden.
- Freigabe des Betriebs aus der Insolvenzmasse: Gegen Zahlung eines gewissen Betrags kann die Firma vom Insolvenzverwalter aus der Insolvenzmasse entlassen werden. Der Unternehmenskauf erfolgt durch eine andere Firma (Betriebsübernahmegesellschaft)und wird als sogenannter „asset deal“ ausgestaltet. Eine anwaltliche Beratung ist auch hier zu empfehlen.
- Antrag auf Eigenverwaltung: Stellt der Unternehmer einen Antrag auf Eigenverwaltung, dann behält der Unternehmer die Leitung der Firma. Ihm wird ein Sachverwalter zur Seite gestellt, der weniger Befugnisse hat als ein Insolvenzverwalter. Der Sachverwalter kann nur verhindern, er kann aber keine Geschäfte führen. Eine Eigenverwaltung ist immer dann sinnvoll, wenn es auf die Fachkenntnisse der bisherigen Geschäftsleitung ankommt und eine zeitraubende Einarbeitung vermieden werden soll. Das Verfahren in Eigenverwaltung spart im Allgemeinen auch bis zu 40 % der Kosten eines Regelverfahrens. Die eingesparten Kosten kommen deshalb auch den Gläubigern zu Gute. Die Eigenverwaltung ist nur dann sinnvoll, wenn das Unternehmen saniert und fortgeführt werden soll.
- Schutzschirmverfahren: Noch bevor ein Gläubiger einen Insolvenzantrag stellt, entscheidet sich hier der Unternehmer für das Schutzschirmverfahren und umgeht so ein reguläres Insolvenzverfahren. Voraussetzung ist, dass der Betrieb noch zahlungsfähig ist und ein Wirtschaftsprüfer oder ein in Insolvenzsachen erfahrener Rechtsanwalt oder Steuerberater die Fortführung des Unternehmens als aussichtsreich bestätigt.
Das Insolvenzverfahren ist ein hoch spannendes und brisantes Thema. Darum sollte man in keinem Fall die Augen verschließen und in die sogenannte Straußen-Taktik, also Kopf in den Sand stecken, verfallen.
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Rita (Donnerstag, 08 Dezember 2022 16:39)
Dankeschön �