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AutorenbildEva Heinz-Zentgraf

Forderungen im betrieblichen Kontext: Ein umfassender Überblick

Ein Geldsackmit Münztürmen  steht neben offenen Rechnungen


Forderungen – dieser Begriff mag trocken klingen, doch in der Praxis verbirgt sich dahinter ein äußerst wichtiger Bestandteil des betrieblichen Finanz- und Rechnungswesens.

 

Sie sind nicht nur Spiegelbild der Geschäftstätigkeit, sondern auch ein Indikator für die Liquidität und finanzielle Gesundheit eines Unternehmens. In diesem Blogartikel beleuchten wir die verschiedenen Aspekte von Forderungen im betrieblichen Kontext und zeigen, warum sie eine so zentrale Rolle spielen.

 

 

Warum Forderungen wichtig sind

 

Stellen Sie sich vor, Sie betreiben ein Geschäft und haben gerade eine große Bestellung an einen Stammkunden geliefert. Die Ware ist raus, die Freude über den erfolgreichen Abschluss ist groß – doch das Geld lässt auf sich warten. Genau hier kommen Forderungen ins Spiel.

 

Forderungen sind im Grunde genommen nichts anderes als „offene Rechnungen“, also Gelder, die Ihr Unternehmen von Kunden für erbrachte Leistungen oder gelieferte Produkte erwartet. Ihre Verwaltung und das konsequente Forderungsmanagement sind essenziell, um finanzielle Engpässe zu vermeiden und den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.

 

 

Arten von Forderungen

 

Forderungen lassen sich in verschiedene Kategorien einteilen, je nach Ursprung und Art der Leistung:

 

1. Forderungen aus Lieferungen und Leistungen

Diese Forderungen entstehen durch den Verkauf von Waren oder Dienstleistungen. Sie sind die häufigste Art von Forderungen und betreffen praktisch jedes Unternehmen, das in irgendeiner Form Produkte verkauft oder Dienstleistungen anbietet.

 

2. Sonstige Forderungen

Hierunter fallen alle Forderungen, die nicht aus dem direkten Kerngeschäft resultieren. Beispiele sind Forderungen gegenüber Mitarbeitern (z.B. Gehaltsvorschüsse) oder gegenüber dem Finanzamt (z.B. Vorsteuerforderungen).

 

3. Forderungen aus Wechseln

Eine spezielle Form der Forderung ist die Wechselforderung. Ein Wechsel ist ein Wertpapier, das eine unbedingte Zahlungsanweisung darstellt und meist als Kreditinstrument verwendet wird. Forderungen aus Wechseln entstehen, wenn ein Kunde den Wechsel akzeptiert hat, aber die Zahlung noch aussteht.

 

 

Bewertung und Bilanzierung von Forderungen

 

Forderungen werden in der Bilanz unter den kurzfristigen Vermögenswerten erfasst. Die Bewertung erfolgt grundsätzlich zu den Nennbeträgen, das heißt, zu dem Betrag, der tatsächlich vom Kunden zu erwarten ist.

 

Allerdings müssen Unternehmen auch das Risiko von Forderungsausfällen berücksichtigen, weshalb es verschiedene Bewertungsmethoden gibt.

 

1. Einzelwertberichtigung

Hierbei wird für jede einzelne Forderung geprüft, ob ein Ausfallrisiko besteht und in welcher Höhe die Forderung wertberichtigt werden muss. Dies ist vor allem bei größeren Beträgen oder unsicheren Debitoren relevant.

 

2. Pauschalwertberichtigung

Bei einer Vielzahl kleiner Forderungen kann die Einzelwertberichtigung sehr aufwändig sein. In solchen Fällen wird häufig eine pauschale Wertberichtigung auf Basis historischer Ausfallquoten vorgenommen.

 

3. Abschreibung uneinbringlicher Forderungen

Sollte feststehen, dass eine Forderung definitiv nicht mehr realisierbar ist, so muss sie vollständig abgeschrieben werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Schuldner insolvent ist und keine Aussicht auf eine nennenswerte Quote aus der Insolvenzmasse besteht.

 

 

Forderungsmanagement: Schlüssel zur Liquidität

 

Ein effektives Forderungsmanagement ist für jedes Unternehmen unerlässlich. Es umfasst alle Maßnahmen zur Verwaltung und Einziehung von Forderungen. Dazu gehören:

 

1. Bonitätsprüfung: Bevor ein Kunde auf Rechnung beliefert wird, sollte seine Zahlungsfähigkeit überprüft werden. Dies kann durch die Einholung von Wirtschaftsauskünften oder das Abfragen von Bonitätsdatenbanken erfolgen.


2. Kreditlimits und Zahlungsbedingungen: Um das Risiko zu streuen, sollten für Kunden individuelle Kreditlimits festgelegt werden. Außerdem sind klare und möglichst kurze Zahlungsbedingungen zu vereinbaren.


3. Mahnwesen: Ein gut organisiertes Mahnwesen hilft, säumige Zahler schnell zu identifizieren und rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen. Dies beginnt mit einer freundlichen Zahlungserinnerung und kann bis zur Einleitung rechtlicher Schritte gehen.


4. Forderungsverkauf und Factoring: Eine weitere Möglichkeit zur Sicherstellung der Liquidität ist der Verkauf von Forderungen an ein Factoring-Unternehmen. Dies verschafft dem Unternehmen sofortige Liquidität, auch wenn der Kunde noch nicht gezahlt hat.

 

 

Rechtliche Grundlagen

 

Die rechtliche Behandlung von Forderungen ist in verschiedenen Gesetzen geregelt. Dazu gehören unter anderem das Handelsgesetzbuch (HGB) und das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB).

 

1. Verjährung

Forderungen unterliegen der Verjährung. Nach § 195 BGB beträgt die regelmäßige Verjährungsfrist drei Jahre. Sie beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

 

2. Abtretung von Forderungen

Nach § 398 BGB können Forderungen durch eine Abtretung auf einen Dritten übertragen werden. Dies ist vor allem im Rahmen des Factorings oder zur Besicherung von Krediten relevant.

 

3. Insolvenzrecht

Im Insolvenzfall des Schuldners haben Gläubiger die Möglichkeit, ihre Forderungen zur Insolvenztabelle anzumelden. Die Quote, die sie aus der Insolvenzmasse erhalten, ist jedoch meist deutlich geringer als die ursprüngliche Forderung.

 

 

Besonderheiten im internationalen Kontext

 

Im internationalen Geschäft sind Forderungen oft mit zusätzlichen Risiken verbunden. Unterschiede im Rechtssystem, Währungsrisiken und kulturelle Besonderheiten erfordern ein angepasstes Forderungsmanagement.

 

1. Inkasso im Ausland

Inkassoverfahren im Ausland sind häufig komplizierter und teurer als im Inland. Deshalb ist eine sorgfältige Auswahl der Geschäftspartner und die Vereinbarung von Sicherheiten besonders wichtig.

 

2. Währungsrisiken

Forderungen in fremder Währung unterliegen Wechselkursschwankungen. Diese können sowohl zu Gewinnen als auch zu Verlusten führen. Durch den Einsatz von Hedging-Instrumenten können Unternehmen diese Risiken minimieren.

 

 

Praktische Tipps für ein erfolgreiches Forderungs-management

 

  1. Regelmäßige Überwachung der Forderungen: Ein kontinuierliches Monitoring hilft, Probleme frühzeitig zu erkennen.

  2. Automatisierung des Mahnwesens: Softwarelösungen können das Mahnwesen effizienter gestalten.

  3. Schulung der Mitarbeiter: Ein gut geschultes Team kann viele Forderungsausfälle verhindern.

  4. Nutzung von Kreditversicherungen: Diese bieten Schutz vor Forderungsausfällen und erhöhen die Sicherheit.

  5. Flexibilität bei den Zahlungsbedingungen: Manchmal kann es sinnvoll sein, mit dem Kunden individuelle Zahlungsvereinbarungen zu treffen, um einen Forderungsausfall zu vermeiden.

 

Quintessenz

 

Forderungen sind ein unverzichtbarer Bestandteil des betrieblichen Rechnungswesens und entscheidend für die Liquidität eines Unternehmens.

 

Ein effektives Forderungsmanagement trägt maßgeblich dazu bei, Zahlungsausfälle zu minimieren und den finanziellen Spielraum zu maximieren. Unternehmen sollten daher großen Wert auf eine sorgfältige Verwaltung ihrer Forderungen legen und die rechtlichen Rahmenbedingungen stets im Blick behalten.

 

Mit den richtigen Strategien und Tools können Unternehmen ihre Forderungen erfolgreich managen und so ihre finanzielle Stabilität sichern.

 

Die Quintessenz lautet: Forderungen sind mehr als nur offene Rechnungen – sie sind ein Spiegelbild der Geschäftstätigkeit und ein Schlüssel zur finanziellen Gesundheit des Unternehmens.



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