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Teileinkünfteverfahren

Immer wieder führt das Teileinkünfteverfahren zur Verwirrung meiner Teilnehmer und Teilnehmerinnen. Darum heute ein ausführlicher Blogartikel dazu, welcher hoffentlich alle Unklarheiten beseitigt 🧐

 

Das Teileinkünfteverfahren (TEV) dient der steuerlichen Behandlung von Einnahmen aus der Beteiligung an Kapitalgesellschaften. Der Name des Verfahrens nimmt Bezug auf seine Besonderheit: Nur ein festgelegter Teil der zu versteuernden Kapitaleinkünfte – nämlich 60 Prozent – müssen mit dem persönlichen Einkommensteuersatz des Anteilseigners versteuert werden. 

 

Die übrigen 40 Prozent bleiben einkommensteuerfrei. 

 

Gleiches gilt für die Versteuerung von Veräußerungsgewinnen.

 

In der Regel wird das Teileinkünfteverfahren alternativ zur Besteuerung durch die Kapitalertragsteuer (bzw. Abgeltungsteuer) genutzt, um so Steuern zu sparen. Grundsätzlich ist das Teileinkünfteverfahren ein Alternativverfahren zur regulären Besteuerung mit Kapitalertragsteuer. Das Finanzamt unterscheidet drei Fälle:

  • TEV darf nicht genutzt werden, weil Voraussetzungen nicht erfüllt werden 
  • Wahlrecht: Steuersubjekt darf TEV beantragen, wenn gewünscht
  • TEV muss verwendet werden

Anders als beim TEV wird die Kapitalertragsteuer schon vor der Auszahlung der Gewinnausschüttung abgezogen. Dabei wird der Kapitalertragsteuersatz von 25 Prozent auf 100 Prozent (abzüglich des Sparerpauschbetrages) des Gewinns angewendet.

 

Historie

 

Das Halbeinkünfteverfahren wurde 2009 durch das Teileinkünfteverfahren ersetzt. Bis dato mussten nur 50 Prozent der Einnahmen aus Beteiligungen versteuert werden. Wegen der Änderung des Prozentsatzes musste auch der Name des Verfahrens angepasst werden.

 

Teileinkünfteverfahren

 

Die Besteuerung durch die Kapitalertragsteuer ist der Regelfall nach § 32d EStG. Ob Sie das Teileinkünfteverfahren anwenden dürfen, ist abhängig davon, wohin die Einkünfte fließen und wie groß die Beteiligung an der Kapitalgesellschaft ist.

 

Natürliche Person oder Personengesellschaft ist Anteilseignerin

 

Als natürliche Personen gelten die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft und Einzelunternehmen. Wenn eine Personengesellschaft (z. B. GbR oder KG) Anteile am Unternehmen hält, werden Einnahmen aus Beteiligungen ebenfalls versteuert. Ob Sie das Teileinkünfteverfahren verwenden dürfen, hängt davon ab, ob die Einkünfte in Ihr Privatvermögen oder das Betriebsvermögen eines zweiten Unternehmens fließen.

 

Zufluss zum Betriebsvermögen

 

Wenn die Gewinnausschüttung oder der Veräußerungsgewinn aus Anteilen in das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft fließt, muss grundsätzlich das Teileinkünfteverfahren genutzt werden.

 

Zufluss zum Privatvermögen

 

Sollen Gewinne oder Verkaufsgewinne in das Vermögen einer Privatperson fließen, fällt im Regelfall die Kapitalertragsteuer an. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Sie ein Wahlrecht, dass Ihnen erlaubt, per Antrag zum Teileinkünfteverfahren zu wechseln.

 

Gewinnausschüttung: Teileinkünfteverfahren nach § 32 d EStG

Bei Gewinnausschüttungen von der Kapitalgesellschaft in Ihr Privatvermögen müssen Sie zu mindestens 25 Prozent am Unternehmen beteiligt sein, um das TEV zu nutzen. Alternativ ist eine Beteiligung von mindestens einem Prozentausreichend, wenn Sie gleichzeitig „durch eine berufliche Tätigkeit […] maßgeblichen unternehmerischen Einflussauf [die] wirtschaftliche Tätigkeit [der Kapitalgesellschaft] nehmen,“(§ 32 d Abs. 2 Nr. 3 b EStG). Diese Definition trifft häufig auf angestellte Geschäftsführer oder Buchhalter mit Beteiligungen zu.

Nur wenn eine der beiden Voraussetzungen zutrifft, besteht ein Wahlrecht zur steuerlichen Behandlung der Einnahmen aus Kapitalbeteiligungen.

 

Veräußerungsgewinn: Teileinkünfteverfahren nach § 17 EStG

Auch im Falle eines Veräußerungsgewinns ist die Besteuerung mit der Kapitalertragsteuer der Regelfall. Ein Antrag auf Wechsel zum TEV ist möglich, wenn die Beteiligung mittel- oder unmittelbar mindestens ein Prozent beträgt und innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung vorlag (§ 17 Abs. 1 EStG).

 

 

Kapitalgesellschaft ist Anteilseignerin

 

Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, sind sowohl Gewinnausschüttungen als auch Veräußerungsgewinne, die an eine beteiligte Kapitalgesellschaft fließen, steuerfrei. Die Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer entfallen nur auf fünf Prozent der Dividenden, wenn die Beteiligung höchstens 15 Prozent beträgt. *Bei einer größeren Beteiligung unterliegen ebenfalls nur fünf Prozent der ausgeschütteten Summe der Körperschaftsteuer, aber die vollen 100 Prozent werden mit der Gewerbesteuer belastet (§ 8 b Körperschaftsteuergesetz). 

 

 

Vorteile des Teileinkünfteverfahrens

  1. Bemessungsgrundlage: Da nur 60 Prozent der Einkünfte versteuert werden müssen, ist eine Steuerersparnis oft auch bei einem hohen persönlichen Einkommensteuersatz steuerlich günstiger.
  2. Werbungskosten: 60 Prozent nachweisbar entstandener Kosten (z. B. Betriebsausgaben) können mithilfe des TEV als Werbungskosten von der Steuer abgesetzt werden. Dies ist nicht möglich, wenn Kapiteleinkünfte stattdessen mit der Kapitalertragsteuer belastet werden.
  3. Weitere Ausgaben absetzen: Mit dem Teileinkünfteverfahren können Sie zusätzlich Ausgaben absetzen, die direkt mit den Einnahmen aus Kapitalbeteiligungen zusammenhängen. So können weitere Steuern eingespart werden.

 

Nachteile des Teileinkünfteverfahrens

 

Wenn Sie das Teileinkünfteverfahren wählen, können Sie nicht den Sparer-Pauschbetrag nach § 20 Abs. 9 EStG nutzen. 

 

Allerdings fällt der Pauschbetrag von 801,00 Euro für Ledige bzw. 1.602,00 Euro für Verheiratete oft wenig ins Gewicht, denn die Steuereinsparungen durch das TEV sind in der Regel größer.

 

 

Teileinkünfteverfahren nutzbar für GmbH-Gesellschafter

 

Dies ist nicht pauschal möglich, denn auch hier muss der Gesellschafter das Kriterium des „maßgeblichen unternehmerischen Einflusses” erfüllen. Grundsätzlich geht der Gesetzgeber davon aus, dass ein Minderheitsgesellschafter keinen maßgeblichen Einfluss im Unternehmen hat.

 

Seit 2017 muss ein Nachweis über den Einfluss von Minderheitsgesellschaftern vorliegen, da die Finanzbehörden die Voraussetzungen zum TEV-Wahlrecht in der Praxis häufig anders bewerteten als vom Gesetzgeber vorgesehen. Genauer gesagt enthielt das Gesetz bis 2017 keine eindeutige Aussage zum Umfang des Einflusses bei einer kleinen Beteiligung. Im Regelfall ging das Finanzamt also davon aus, dass ein Gesellschafter per Definition unternehmerischen Einfluss ausübt. Der Bundesfinanzhof urteilte 2015 sogar, dass eine Finanzbehörde in Thüringen den Wechsel zum Teileinkünfteverfahren im Falle einer Antragstellerin mit einer fünf-prozentigen GmbH-Beteiligung zu Unrecht ablehnte (BFH-Urteil vom 25.8.2015, Az. VIII R 3/14). Der Gesetzgeber reagierte auf dieses Urteil und ergänzte Richtlinien zur bisherigen Regelung im Einkommensteuergesetz (BGB I 2016, Nr. 63 Art. 7 Nr. 3).

 

 

Wahlrecht im Zusammenhang mit dem Teileinkünfteverfahren

 

 

 

Wie Sie der Tabelle oben entnehmen können, gibt es ein Wahlrecht. Allerdings ist dieses an bestimmte Bedingungen geknüpft. Stellen Sie also sicher, dass Sie die Voraussetzungen für einen Wechsel zum TEV erfüllen, bevor Sie weitere Berechnungen anstellen. Treffen die Voraussetzungen nicht auf Ihre Beteiligung zu, ist auch kein Wechsel möglich.

 

 

Ab wann lohnt sich das Teileinkünfteverfahren?

 

Eine generelle Antwort auf diese Frage gibt es nicht, sondern denn die Rentabilität ist immer abhängig von mehreren Faktoren.

 

1. Spitzensteuersatz

 

Der persönliche Einkommensteuersatz der natürlichen Person ist im Wesentlichen entscheidend. Je niedriger der Spitzensteuersatz des Gesellschafters, desto wahrscheinlicher ist eine Steuerersparnis durch das Teileinkünfteverfahren.

 

2. Werbungskosten

 

Ein weiterer Faktor sind eventuelle Werbungskosten, die Sie nur im Teileinkünfteverfahren absetzen können. Wollen Sie Werbungskosten erklären, verringert sich die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer.

 

3. Schuldzinsen für fremdfinanzierte Beteiligungen

 

Bei Veräußerungsgewinnen ist der Steuervorteil mit TEV am größten, je höher die Schuldzinsen sind – bei gleichzeitig niedrigem Einkommensteuersatz. Im Zuge einer Günstigerprüfung kalkuliert man mithilfe eines Steuerberaters, welches Verfahren die meisten Vorteile für den individuellen Fall mit sich bringt.

 

 

EXKURS: Günstigerprüfung

 

Grundsätzlich können Sie eine Mehrbelastung durch die Kapitalertragsteuer verhindern, indem Sie eine sogenannte Günstigerprüfung durch die Finanzbehörde beantragen. Die Antragstellung ist ganz einfach möglich über die Anlage KAP Ihrer Einkommensteuererklärung. Mit einem Kreuz in Zeile 4 beauftragen Sie die Finanzbehörde damit, auszurechnen, welches Besteuerungsverfahren für Sie rentabler ist. Vorausgesetzt Ihr Einkommensteuersatz liegt unter 25 Prozent, können Sie durch eine Günstigerprüfung die zu viel gezahlte Kapitalertragsteuer zurückfordern.

 

Gut zu wissen: Auch wenn die Günstigerprüfung ergibt, dass das Teileinkünfteverfahren steuerlich günstiger für Sie ist, können Sie rückwirkend keine Werbungskosten absetzen. Sollten Werbungskosten also ein wichtiger Faktor in Ihrer Entscheidung sein, zum Teileinkünfteverfahren zu wechseln, sollten Sie das Verfahren regulär ohne vorherige Günstigerprüfung beantragen.

 

Wechsel der Besteuerung zwischen Kapitalertragsteuer und Teileinkünfteverfahren 

 

Die erste Voraussetzung für einen Wechsel zum Teileinkünfteverfahren ist ein vorhandenes Wahlrecht. Wenn Sie als Anteilseigner nicht die oben genannten Kriterien erfüllen, ist ein Wechsel ausgeschlossen. Damit ein Wechsel des Steuerverfahrens stattfinden kann, müssen Sie einen entsprechenden Antrag bei Ihrem zuständigen Finanzamt stellen, spätestens jedoch mit der Abgabe der Einkommensteuererklärung für das entsprechende Steuerjahr. Der Antrag zum Wechsel ist so lange gültig, bis Sie ihn widerrufen. Für die nächsten Steuerjahre müssen Sie nicht erneut nachweisen, dass die Voraussetzungen für das Teileinkünfteverfahren vorliegen. In der Anlage KAP zur Einkommensteuererklärung finden Sie den entsprechenden Antrag.