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Grunderwerbsteuer

Mit der Grunderwerbsteuer bessern die Bundesländer ihre Finanzen auf – der Spitzensatz liegt bei 6,5 Prozent. Bayern und Sachsen sind hier besonders günstig mit 3,5 Prozent. Um das Haushaltsloch in Sachsen zu stopfen, will das Kabinett an der Steuerschraube drehen: Künftig sollen 5,5 Prozent fällig werden.

 

Die Grunderwerbsteuer (GrESt) fällt beim Kauf eines Grundstücks oder eines Gebäudes an und wird seit 2006 von den Bundesländern erhoben. Seitdem haben fast alle der 16 Länder schon einmal an der Steuerschraube gedreht – nur in Bayern und Sachsen gilt noch der anfängliche Satz von 3,5 Prozent.

 

Bald hält Bayern alleine den niedrigsten Satz. Die Koalitionspartner in Sachsen haben sich zur Finanzierung des Doppelhaushalts 2023 und 2024 auf einer Klausurtagung am 14. und 15. Juni in Radebeul darauf verständigt, den Steuersatz der Grunderwerbsteuer auf 5,5 Prozent anzuheben, wie es in einer Mitteilung des Finanzministeriums heißt.

 

Die Rücklagen des Freistaates Sachsen seien fast vollständig aufgebraucht, daher greift man nun nach zusätzlichen Einnahmen.

 

Hamburg: Höhere Grunderwerbsteuer ab 2023

 

Auch Hamburg hatte bisher einen relativ niedrigen Steuersatz mit 4,5 Prozent. Das soll sich ab Anfang 2023 ändern. Der rot-grüne Senat hat am 4.1.2022 beschlossen, den Steuersatz auf 5,5 Prozent anzupassen und rechnet mit zusätzlichen Einnahmen von rund 132 Millionen Euro pro Jahr.

 

Der Senat reagiere damit auf die Corona-bedingt angespannte Haushaltslage, sagte Finanzsenator Andreas Dressel (SPD). Er kündigte für junge Familien einen ermäßigten Steuersatz von 3,5 Prozent an. Gleiches gelte für die Grunderwerbsteuer bei Sozialwohnungen und Erbbaurechtsgrundstücken, die ebenfalls gesenkt werden soll.

 

Die Opposition zeigte sich wenig begeistert.

 

Dass der Senat versuche, die Steuererhöhung mit einer leichten Absenkung des Steuersatzes für den Ersterwerb von Wohneigentum junger Familien zu begründen, sei Augenwischerei, sagte Haushaltsexperte Thilo Kleibauer (CDU): "Hierfür ist zunächst eine Änderung der bundesgesetzlichen Vorgaben erforderlich."

 

Die Ampel hat im Koalitionsvertrag eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer in Aussicht gestellt, um den Kauf von Wohneigentum zu erleichtern. Dafür macht sich derzeit Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) stark: Die Länder sollen den Steuersatz bis auf null senken können!

 

NRW hofft auf Öffnungsklausel für Grunderwerbsteuer

 

Die schwarz-gelbe Landesregierung in Nordrhein-Westfalen (NRW) hofft darauf, dass eine sogenannte Öffnungsklausel bei der Grunderwerbsteuer kommen wird, damit der Satz für bestimmte Gruppen gezielt gesenkt werden kann. In NRW war die Steuer 2015 von fünf Prozent auf 6,5 Prozent des Kaufpreises erhöht worden. Die Koalition will mit einem Förderprogramm insbesondere Familien entlasten.

 

Die SPD in Schleswig-Holstein setzt sich dafür ein, dass die Steuer beim erstmaligen Kauf einer Wohnung oder eines Hauses kräftig heruntergefahren wird. Der Vorschlag: Die Grunderwerbsteuer von 6,5 auf drei Prozent zu halbieren. Der Satz im Land wurde wegen einer finanziellen Notlage zunächst von der 2009 bis 2012 regierenden CDU-FDP-Koalition von 3,5 auf fünf Prozent erhöht und anschließend von der Folgeregierung aus SPD, Grünen und SSW auf den Spitzensatz angehoben.

 

Wohnungswirtschaft: Anhebung des Steuersatzes kompensieren

 

"Kleine und mittlere Unternehmen in der Bau- und Immobilienbranche stehen wirtschaftlich unter Druck, durch Corona-Folgen, Lieferkettenprobleme, Fachkräftemangel und steigende Baukosten", kommentierte die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein die für Hamburg geplante höhere Grunderwerbsteuer. In dieser Situation den Kostendruck weiter zu steigern, stelle eine schwere Belastung dar.

 

Auch für Torsten Flomm, Chef beim Grundeigentümer-Verband Hamburg, kommt "im gegenwärtigen, von steigenden Baukosten, erhöhten Klimaschutzauflagen und einem knappen Grundstücksangebot geprägten Marktumfeld" eine Anhebung der Grunderwerbsteuer "äußerst ungelegen".

 

"Wir bedauern die Erhöhung der Grunderwerbsteuer in Hamburg", sagte Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW). Wegen der schwierigen Situation auf dem Wohnungsmarkt sei es nötig, Hemmnisse für den Wohnungsbau abzubauen. Angesichts der etwa für Familien vorgesehenen Kostenentlastungen lenkte Breitners Kollege Sönke Struck, Vorsitzender des BFW-Landesverbands Nord, ein: "Die im Gegenzug vom Senat beschlossenen Maßnahmen können dabei unterstützen, die Ziele des Bündnisses nicht aus den Augen zu verlieren."

 

Die Grunderwerbsteuer ist nicht nur in der Wohnungswirtschaft umstritten. Auch Ökonomen – etwa das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln – hatten wiederholt Kritik geäußert, da durch die Steuer die Nebenkosten beim Immobilienkauf stark in die Höhe gegangen seien.

Grunderwerbsteuer der Bundesländer 2022
 
Bundesland (alphabetisch geordnet)
Steuersatz
Baden-Württemberg
5,0 Prozent
Bayern
3,5 Prozent
Berlin
6,0 Prozent
Brandenburg
6,5 Prozent
Bremen
5,0 Prozent
Hamburg
4,5 Prozent
Hessen
6,0 Prozent
Mecklenburg-Vorpommern
6,0 Prozent
Niedersachsen
5,0 Prozent
Nordrhein-Westfalen
6,5 Prozent
Rheinland-Pfalz
5,0 Prozent
Saarland
6,5 Prozent
Sachsen
3,5 Prozent
Sachsen-Anhalt
5,0 Prozent
Schleswig-Holstein
6,5 Prozent
Thüringen
6,5 Prozent
 
 

Steigende Grunderwerbsteuer – weniger Investitionen?

 

Die Erwerbsnebenkosten beim Immobilienkauf in Deutschland insgesamt kommen auf einen Anteil von zehn bis 15 Prozent des Kaufpreises. "Steigende Steuersätze führen in der Regel zu weniger Investitionen", warnte Immobilienökonom Prof. Dr. Günter Vornholz von der EBZ Business School schon vor einiger Zeit: Die Grunderwerbsteuer benachteilige Immobilien gegenüber anderen Kapitalanlagen.

 

Einen Zusammenhang von Grunderwerbsteuer und der Politik der Wohneigentumsförderung sieht Vornholz wiederum nicht. Eine geringere Eigentumsquote sei nicht von der Höhe der Grunderwerbsteuer in den einzelnen Ländern abhängig. Bei einem Vergleich des Anstiegs des Steuersatzes mit dem Wachstum der Wohneigentumsquote seit 2006 zeige sich, dass in den beiden Ländern mit konstanter Steuerquote seit 2006, also Bayern und (noch auch) Sachsen, die Eigentumsquote im Bundesvergleich nur leicht überdurchschnittlich angestiegen ist. Von den fünf Ländern, die die höchste Anhebung vorgenommen haben – Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Saarland, Schleswig-Holstein, Thüringen – wiesen in den vergangenen Jahren vier ein höheres Wachstum auf.

 

Grunderwerbsteuer: Ersatzlose Streichung machbar?

 

Vornholz hält die häufig geforderte ersatzlose Streichung der Grunderwerbsteuer nicht für sinnvoll. Zum einen könnten die Bundesländer auf diese Steuereinnahmen nicht verzichten, zum anderen sei das mit EU-Recht nicht vereinbar. "Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es somit notwendig, dass aufgezeigt werden muss, wie das gegenfinanziert werden soll, ohne dass es zu Lasten anderer geht", erläuterte der Experte.

 

So könnten zum Beispiel bei Share Deals alle Käufer in Höhe der erworbenen Anteile an der Gesellschaft voll grunderwerbsteuerpflichtig gemacht und die Mehreinnahmen zur Senkung des Steuersatzes verwendet werden. Eine Alternative wäre laut Vornholz, die Grunderwerbsteuer durch die Umsatzsteuer zu ersetzen, da diese durch den Vorsteuerabzug an der Wertschöpfung angesetzt werde. Bei der Grunderwerbsteuer gibt es keinen Vorsteuerabzug.

 

Dieser Alternative stünde derzeit jedoch die Höhe der reduzierten Umsatzsteuersätze entgegen.

 

Quintessenz

 

Es bleibt weiterhin spannend, ob eine ersatzlose Streichung möglich ist oder noch weitere Bundesländer dem Erhöhungsbeispiel von Sachsen und Hamburg folgen.

 

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