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Teilwertabschreibung gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG

 

Als Teilwert eines Wirtschaftguts nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG sowie § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 EStG in Verbindung mit R 6.7 EStR und H 6.7 EStH gilt der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Unternehmens im Rahmen des Gesamtkaufpreises für dieses einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde. Dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber das Unternehmen fortführt.

 

Teilwertermittlung

 

Der Teilwert kann nur im Wege der Schätzung nach den Verhältnissen des Einzelfalles ermittelt werden. Dabei gelten die Wiederbeschaffungskosten als Ober- und der Einzelveräußerungspreis als Untergrenze.

 

Zur Ermittlung des niedrigeren Teilwerts bestehen (vom Steuerpflichtigen widerlegbare) Teilwertvermutungen. Die Teilwertvermutung ist beispielsweise widerlegt, sofern der Nachweis erbracht wird, dass die Wiederbeschaffungskosten am Bilanzstichtag niedriger als der vermutete Teilwert sind. Für den Nachweis ist erforderlich, dass die behaupteten Tatsachen objektiv feststellbar sind.

 

Teilwertvermutung

 

Im Zeitpunkt des Erwerbs oder der Fertigstellung eines Wirtschaftsguts entspricht der Teilwert den Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

 

Bei nicht abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens entspricht der Teilwert auch zu späteren, dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung nachfolgenden Bewertungsstichtagen den Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

 

Bei abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens entspricht der Teilwert zu späteren, dem Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung nachfolgenden Bewertungsstichtagen den um die lineare AfA verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten.

 

Bei Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens entspricht der Teilwert grundsätzlich den Wiederbeschaffungskosten. Der Teilwert von zum Absatz bestimmten Waren hängt jedoch auch von deren voraussichtlichem Veräußerungserlös (Börsen- oder Marktpreis) ab.

 

Der Teilwert einer Beteiligung entspricht im Zeitpunkt ihres Erwerbs den Anschaffungskosten.

 

Voraussichtlich dauernde Wertminderung

 

Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt vor, wenn der Wert des Wirtschaftsgutes voraussichtlich nachhaltig unter den maßgeblichen Buchwert absinkt, d.h. wenn der Wert des Wirtschaftsguts die Bewertungsobergrenze während eines erheblichen Teils der voraussichtlichen Verweildauer im Unternehmen nicht erreichen wird.

 

Der Steuerpflichtige muss hiermit aus der Sicht am Bilanzstichtag aufgrund objektiver Anzeichen ernsthaft rechnen, d.h. aus der Sicht eines sorgfältigen und gewissenhaften Kaufmanns müssen mehr Gründe für als gegen eine Nachhaltigkeit sprechen.

 

Wertminderungen aus besonderem Anlass (z.B. Katastrophen oder technischer Fortschritt) sind regelmäßig von Dauer.

 

Bei der Beurteilung sind werterhellende Erkenntnisse bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Handelsbilanz zu berücksichtigen; wertbegründende Erkenntnisse bleiben dagegen unberücksichtigt.

 

Die Beurteilung, ob es sich zum Bilanzstichtag um einen voraussichtlich dauernden Wertverlust handelt, hängt vom jeweiligen Wirtschaftsgut ab.

 

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei abnutzbarem Anlagevermögen

 

Für die Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens kann von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung ausgegangen werden, wenn der Wert des jeweiligen Wirtschaftsguts zum Bilanzstichtag mindestens für die halbe Restnutzungsdauer unter dem planmäßigen Restbuchwert liegt.

 

Die verbleibende Nutzungsdauer bestimmt sich für Gebäude nach § 7 Abs. 4 und 5 EStG.

 

Die verbleibende Nutzungsdauer bestimmt sich für andere Wirtschaftsgüter (= Nichtgebäude) grundsätzlich nach den amtlichen AfA-Tabellen, auch wenn die Absicht besteht, das Wirtschaftsgut vor Ablauf seiner betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer zu veräußern.

 

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei nicht abnutzbarem Anlagevermögen

 

Für die Wirtschaftsgüter des nichtabnutzbaren Anlagevermögens ist grundsätzlich darauf abzustellen, ob die Gründe für eine niedrigere Bewertung voraussichtlich anhalten werden.

 

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei Umlaufvermögen

 

Die Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens sind nicht dazu bestimmt, dem Betrieb auf Dauer zu dienen und werden stattdessen regelmäßig für den Verkauf oder den Verbrauch gehalten.

 

Aus diesem Grund kommt dem Zeitpunkt der Veräußerung oder Verwendung für die Bestimmung einer voraussichtlich dauernden Wertminderung eine besondere Bedeutung zu.

 

Hält die Minderung bis zum Zeitpunkt der Aufstellung der Bilanz oder dem vorangegangenen Verkaufs- oder Verbrauchszeitpunkt an, so ist die Wertminderung voraussichtlich von Dauer.

 

Zusätzliche werterhellende Erkenntnisse bis zu diesen Zeitpunkten sind in die Beurteilung einer voraussichtlich dauernden Wertminderung der Wirtschaftsgüter zum Bilanzstichtag einzubeziehen.

 

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei börsennotierten, börsengehandelten und aktienindexbasierten Wertpapieren des Anlage- und Umlaufvermögens

 

Bei börsennotierten, börsengehandelten und aktienindexbasierten Wertpapieren des Anlage- und Umlaufvermögens ist von einer voraussichtlich dauernden Wertminderung auszugehen, wenn:

  • der Börsenwert zum Bilanzstichtag unter denjenigen im Erwerbszeitpunkt gesunken ist und
  • der Kursverlust mehr als 5 % (Bagatellgrenze) beträgt.

Bei einer vorangegangenen Teilwertabschreibung ist für die Bestimmung der Bagatellgrenze der Bilanzansatz am vorangegangenen Bilanzstichtag maßgeblich.

 

Der Teilwert eines Wertpapiers kann nur dann nicht nach dem Kurswert (zuzüglich der im Fall eines Erwerbs anfallenden Erwerbsnebenkosten) bestimmt werden, wenn aufgrund konkreter und objektiv überprüfbarer Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der Börsenpreis den tatsächlichen Anteilswert nicht widerspiegelt, wie das z.B. im Fall von Insidergeschäften oder beim Aussetzen vom Handel der Fall sein kann.

 

Bei Kursänderungen, die bis zum Tag der Bilanzaufstellung eintreten, handelt es sich um nicht zu berücksichtigende wertbeeinflussende (wertbegründende) Umstände.

 

Voraussichtlich dauernde Wertminderung bei festverzinslichen Wertpapieren

 

Bei festverzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, ist eine Teilwertabschreibung unter den Nennwert allein wegen gesunkener Kurse regelmäßig unzulässig, weil es bei festverzinslichen Wertpapieren des Anlage- und Umlaufvermögens in der Regel an einer voraussichtlich dauernden Wertminderung fehlt.

 

Eine Teilwertabschreibung unter den Nennwert ist nur zulässig, wenn ein Bonitäts- oder Liquiditätsrisiko hinsichtlich der Rückzahlung der Nominalbeträge besteht und die Wertpapiere bei Endfälligkeit nicht zu ihrem Nennbetrag eingelöst werden können.

 

Für börsennotierte festverzinsliche Wertpapiere, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, gelten die gleichen Grundsätze, die auch für börsennotierte, börsengehandelte und aktienindexbasierte Wertpapieren des Anlage- und Umlaufvermögens zu beachten sind.

 

Die Bagatellgrenze von 5 % wird bei börsennotierten festverzinslichen Wertpapieren, die eine Forderung in Höhe des Nominalwerts der Forderung verbriefen, aber nicht angewendet.

 

Quintessenz

 

Ist der Teilwert am Bilanzstichtag auf Grund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung niedriger als die (fortgeführten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten, hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, auf diesen niedrigeren Wert abzuschreiben.

 

Die Ausübung des steuerlichen Wahlrechtes wird nicht nach § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG durch die Maßgeblichkeit der handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung beschränkt.

 

Bei Ausübung des steuerlichen Wahlrechts sind jedoch die besonderen Aufzeichnungspflichten zu beachten (§ 5 Abs. 1 Satz 2 und 3 EStG).

 

Sowohl die Nachweispflicht für den niedrigeren Teilwert als auch die Darlegungs- und Feststellungslast für eine voraussichtlich dauernde Wertminderung liegt beim Steuerpflichtigen.

 

Teilwert ist der Betrag, den ein Erwerber des ganzen Betriebs im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt.

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