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Nießbrauch im Zusammenhang mit dem Erbschaftsrecht

Im Rahmen der Generationennachfolge werden bei Übertragungen von Vermögenswerten häufig Nießbrauchsgestaltungen gewählt. Aber hier fehlt oftmals die konkrete Übersicht über die Gestaltungsmöglichkeiten. Es gibt drei Hauptanwendungsfälle, hieraus entstehen unterschiedliche erbrechtliche und steuerliche Konsequenzen.

 

Grundsätzliches zum Nießbrauch

 

In den häufigsten Fällen wird das Nießbrauchrecht eingesetzt, wenn eine Immobilie verschenkt wird, aber der neue Eigentümer nicht in vollem Umfang über die Erträge der Immobilie verfügen beziehungsweise über den Umgang mit ihr bestimmen soll. Der vorherige Eigentümer lässt sich ein Nießbrauchrecht eintragen.

 

Doch was besagt der Nießbrauch beziehungsweise das Nießbrauchrecht an einer Immobilie eigentlich genau?

 

Die Definition liefert das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB): So beinhaltet § 1030 BGB, dass unter Nießbrauch das Nutzungsrecht an einer Sache zu verstehen ist. Dies beinhaltet, dass der Nießbrauchberechtigte in zweierlei Hinsicht profitiert: Er kann die Sache erstens nutzen und zweitens die Früchte daraus ziehen - beispielsweise durch Vermietung.

 

Damit kann der Nießbraucher zwei von drei Rechten eines Eigentümers wahrnehmen und verzichtet lediglich auf das dritte Recht, über die Sache zu verfügen. Der Nießbraucher verzichtet damit auf das Recht das Grundstück zu veräußern, denn dieses Recht hat nur der im Grundbuch eingetragene Eigentümer.

 

Am häufigsten kommt das Nießbrauchrecht in Form eines lebenslangen Rechts, eine Immobilie zu bewohnen und Nutzen daraus zu ziehen, zur Anwendung. Ein Nießbrauchrecht muss übrigens nicht für die gesamte Immobilie festgelegt werden. Es kann sich auch auf einen Teil der Immobilie beschränken – etwa eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus. Dann ist von einem Bruchteilnießbrauch die Rede. Möglich ist auch ein Quotennießbrauch, der eine anteilige Nutzung vorsieht.

 

Ein Nießbrauchrecht an einer Immobilie muss gemäß § 873 BGB notariell beurkundet und ins Grundbuch eingetragen werden. Dem geht der Vertragsabschluss zum Nießbrauch zwischen Eigentümer und Begünstigtem voraus. Der Notar veranlasst dann die weiteren Schritte für den Eintrag im Grundbuch. Der Eintrag erfolgt in Abteilung II des Grundbuchs.

 

Dort werden Beschränkungen und Belastungen wie etwa ein

  • Wegerechte,
  • Erbbaurecht,
  • Wohnrecht oder das
  • Nießbrauchrecht vermerkt.

Unterschied zwischen Nießbrauch und Wohnrecht

 

Das Nießbrauchrecht weist einige Parallelen zum Wohnrecht auf. Beide werden im Grundbuch eingetragen und führen zu einer Belastung des Grundstücks. Beide Rechte können nicht vererbt werden und bestehen auch bei einem Wechsel des Eigentümers der Immobilie fort.

 

Es gibt aber einen deutlichen Unterschied: Anders als beim Wohnrecht kann bei einem Nießbrauchrecht die Immobilie auch vermietet werden, sofern die Vermietung nicht vertraglich ausgeschlossen wurde. Das kann vorteilhaft sein, wenn beispielsweise der Wohnrechtsinhaber aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr bewohnen kann und in ein Pflegeheim umzieht. Die Kosten hierfür können dann (teilweise) über die Mieteinnahmen abgedeckt werden.

 

Nießbrauch - warum eigentlich?

 

Nießbrauchrechte werden häufig aus steuerlichen Überlegungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge im Grundbuch eingetragen. Die Idee dahinter: die Eigentümer können ihre Immobilie weiterhin bewohnen oder diese vermieten, gleichzeitig kann bereits ein Eigentümerwechsel in Form einer Schenkung erfolgen. Je nach Vermögenssituation kann dies vorteilhaft sein, um Erbschafts- oder Schenkungssteuern zu vermeiden.

 

Manchmal wird auch gewünscht, unliebsamen Erben möglichst wenig zu hinterlassen und ihren so genannten Pflichtteilsanspruch gering zu halten. Mit einer Schenkung der Immobilie an einen Dritten ist dies möglich, wobei der Pflichtteil umso geringer ausfällt, je länger die Schenkung zurück liegt und der Anspruch nach zehn Jahren erlischt. Anders ist es jedoch, wenn die Immobilie verschenkt wird und sich der Eigentümer ein Nießbrauchrecht einräumen lässt. Dann bleibt der Pflichtteilsergänzungsanspruch bestehen.

 

Ein weiteres Motiv für die Bestellung eines Nießbrauchrechts kann auch darin bestehen, dass Immobilieneigentümer ihren Kindern ein solches Recht einräumen, um sie über die so generierten Mieteinnahmen zu unterstützen – beispielsweise, um ihnen ein Studium zu finanzieren. Da die Einnahmen während der Ausbildung gering sind, lassen sich so die Einnahmen vorteilhafter versteuern als über die Eltern.

 

Oft ist es von den ursprünglichen Immobilieneigentümern gewünscht, dass das Objekt im Familienbesitz bleiben soll. Damit dies gewährleistet ist, ist es sinnvoll, ein Rückforderungsrecht zu vereinbaren. Dies bewirkt, dass das Objekt beispielsweise bei Insolvenz des neuen Eigentümers auf den bisherigen Eigentümer zurück übertragen wird. Auch wenn der neue Eigentümer vor dem bisherigen stirbt, kann über das Rückforderungsrecht vermieden werden, dass die Immobilie an Dritte verkauft wird. Wann eine Rückübertragung möglich sein soll, wird in der Übertragungsvereinbarung festgehalten, das Rückforderungsrecht an sich wird im Grundbuch eingetragen.

 

Hauptanwendungsfälle im Nießbrauch

 

Zuwendungsnießbrauch

 

Beim Zuwendungsnießbrauch wechselt die Immobilie nicht den Eigentümer, dieser räumt jedoch ein Nießbrauchrecht ein.

 

Vorbehaltsnießbrauch

 

Beim Vorbehaltsnießbrauch wechselt die Immobilie den Eigentümer, gleichzeitig wird dem bisherigen Eigentümer ein Nießbrauchrecht eingeräumt.

 

Nachrangiger Nießbrauch

 

Dem bisherigen Eigentümer wird ein Nießbrauchrecht eingeräumt. Es wird bereits bei der Übergabe festgelegt, auf wen das Nießbrauchrecht übergeht, wenn der Nießbraucher stirbt. Für Immobilieneigentümer und Kaufinteressenten kann das Thema relevant sein – etwa, wenn es um das Vererben eines Hauses geht oder wenn Interesse an einer Immobilie besteht, für die ein Nießbrauchrecht im Grundbuch eingetragen wurde.

 

Alternativen zum Nießbrauch

 

Inwiefern der Eintrag eines Nießbrauchrechts im Grundbuch sinnvoll ist, hängt davon ab, welche Ziele insgesamt verfolgt werden. Geht es darum, dass die Immobilie aus steuerlichen Gründen bereits zu Lebzeiten übertragen werden soll und möchte der Eigentümer weiterhin in der Immobilie wohnen, käme auch ein Wohnrecht infrage. Hier muss dann allerdings der Nachteil berücksichtigt werden, der sich ergibt, wenn der Berechtigte in ein Pflegeheim umziehen muss.

 

Dann hat das Wohnrecht für ihn keinen Wert mehr und ein Nießbrauchrecht wäre die bessere Wahl. Daher gilt es auch abzuwägen, an wen und für welchen Zeitraum ein Nutzungsrecht eingeräumt werden soll. Eine weitere Möglichkeit stellt der Hausverkauf auf Rentenbasis dar. Weitere Informationen erhalten Sie auch auf unserer Seite Leibrente. 

 

Da der Schenkungsfreibetrag alle zehn Jahre ausgenutzt werden kann, bietet sich als Alternative zur Übertragung mit Nießbrauchrecht auch eine schrittweise Übertragung der Immobilie an. Ist sie beispielsweise 800.000 Euro wert und soll sie auf ein Kind übertragen werden, kann die Schenkung in zwei Schritten über einen Zeitraum von 20 Jahren ebenfalls steuerfrei - in völliger Ausschöpfung der Freibeträge - erfolgen.

 

Da ein Nießbrauchrecht den Immobilienverkauf erheblich erschwert, weil die Nutzung durch den Käufer zunächst nicht möglich ist, kann eine Motivation für die Eintragung des Nießbrauchs im Grundbuch auch darin bestehen, den Verkauf auf diesem Wege möglichst auszuschließen. Dies lässt sich jedoch auch anders lösen: So kann ein Notarvertrag aufgesetzt werden, der den Verkauf der Immobilie durch den Beschenkten ausschließt.

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