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Grundstücksbewertung für Erbschaft- und Grunderwerbssteuerzwecke

In diesen Blogartikel widme ich mich der steuerlichen Bewertung von Grundstücken. Da der Bodenrichtwert auch in der neu modifizierten Grundsteuer ab 2025 eine große Rolle spielt. Wir richten uns in diesem Blogartikel stark nach dem Urteil des Finanzministeriums Sachsen vom 15.04.1997 (34 - S 3014 - 6/22 - 19637).

 

Dieser Erlass gilt für die Bewertung von inländischen unbebauten Grundstücken für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungssteuer ab 01. Januar 1996 und für Zwecke der Grunderwerbsteuer ab 01. Januar 1997.

 

Begriff des unbebauten Grundstücks

 

Unbebaute Grundstücke, auf denen sich keine benutzbaren Gebäude befinden oder zur Nutzung vorgesehene Gebäude im Bau befindlich sind. Die Benutzbarkeit beginnt im Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit. Die Bezugsfertigkeit ist davon abhängig, ob den künftigen Bewohnern oder Benutzern zugemutet werden kann, die Wohnungen oder Räume zu benutzen. Zur Abgrenzung des Gebäudebegriffs greift der gleichlautende Erlasse vom 31. März 1992.

 

Ist das Gebäude noch nicht bezugsfertig, richtet sich die Bewertung nach § 149 BewG.

 

Ein Gebäude ist nicht mehr nutzbar, wenn infolge des Verfalls des Gebäudes oder der Zerstörung keine auf Dauer nutzbaren Räume vorhanden sind nach § 145 Abs. 2 Satz 2 BewG. Ein Gebäude ist dem Verfall preisgegeben, wenn der Verfall so weit fortgeschritten ist, dass das Gebäude noch objektiven Verhältnissen auf Dauer nicht mehr benutzt werden kann. Die Verfallsmerkmale müssen an der Bausubstanz erkennbar sein und das gesamte Gebäude betreffen. Von einem Verfall ist auszugehen, wenn erhebliche Schäden an konstruktiven Teilen des Gebäudes eingetreten sind und ein Zustand gegeben ist, der aus bauordnungsrechtlicher Sicht die sofortige Räumung nach sich ziehen würde. Das ist stets der Fall, wenn eine Anordnung der baupolizeilichen Aufsichtsbehörde zur sofortigen Räumung des Grundstücks vorliegt nach dem BFH-Urteil vom 20. Juni 1975, BStBl II S. 803; dabei ist gesondert zu prüfen, ob der Zustand von Dauer ist. Hingegen wirken sich reversible Baumängel und Bauschäden sowie aufgestauter Reparaturbedarf infolge von unterlassenen Instandsetzungs- und Reparaturarbeiten regelmäßig nur vorübergehend auf Art und Umfang der Gebäudenutzung aus und betreffen nicht unmittelbar die Konstruktion des Gebäudes. Sie führen deshalb nicht dazu, ein Gebäude als dem Verfall preisgegeben anzusehen. Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die aufgrund von Umbauarbeiten vorübergehend nicht benutzbar sind, gilt das Grundstück als bebautes Grundstück. Nicht zu erfassen sind jedoch Gebäude, die infolge Entkernung keine bestimmungsgemäß benutzbaren Räume mehr enthalten, auch wenn dies nur vorübergehend der Fall ist nach dem BFH-Urteil vom 24. Oktober 1990, BStBl 1991 II S. 60. Ein Gebäude ist zerstört, wenn keine auf Dauer äquivalente Räume vorhanden sind.

 

Befinden sich auf dem Grundstück Gebäude, die keiner oder nur einer unbedeutenden Nutzung zugeführt werden können, gilt das Grundstück als unbebaut. Ein Gebäude kann keiner Nutzung zugeführt werden, wenn es aus bautechnischen Gründen nicht genutzt werden kann. Eine unbedeutende Nutzung liegt vor, wenn bei Grundstücken, die nach § 146 BewG zu bewerten wären, die erzielte Jahresmiete oder übliche Miete weniger als 1% des Werts des unbebauten Grundstücks nach § 145 Abs. 3 BewG beträgt. Maßgebend ist vorbehaltlich § 146 Abs. 2 Satz 4 BewG die im Durchschnitt der letzten drei Jahre vor dem Besteuerungszeitpunkt erzielte Jahresmiete § 146 Abs. 2 Satz 1 BewG).

 

Bei Grundstücken, die nach § 147 BewG zu bewerten wären, ist regelmäßig eine unbedeutende Nutzung anzunehmen, wenn die bebaute Fläche eingeschossiger Gebäude nicht mehr als 25m² beträgt.

 

Wirtschaftliche Einheit

 

Die wirtschaftliche Einheit bei der Bedarfsbewertung ist das Grundstück. Der Begriff „Grundstück” ist dabei nicht gleichbedeutend mit dem Begriff des Grundstücks im Sinne des Bürgerlichen Rechts. Maßgebend ist nach § 2 BewG allein, was als wirtschaftliche Einheit nach den Anschauungen des Verkehrs anzusehen ist. Nach § 2 Abs. 2 BewG kann zu einer wirtschaftlichen Einheit nur Grundbesitz zusammengefasst werden, der demselben Eigentümer gehört. Flächen, die im Eigentum eines Eigentümers stehen, und Flächen, die ihm und anderen Personen gemeinsam – gesamthänderisch oder nach Bruchteilen – gehören, können daher keine wirtschaftliche Einheit bilden.

 

Unbebaute Grundstücke können nur zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefasst werden, wenn sie zu derselben Vermögensart (entweder ausschließlich Betriebsgrundstück im Sinne des § 99 Abs. 2 BewG oder ausschließlich Grundvermögen) gehören.

 

Grenzt eine unbebaute Fläche an eine Grundstücksfläche, die zum Beispiel mit einem Einfamilienhaus bebaut ist, können beide Flächen auch bei sogenannter offener Bauweise selbstständige wirtschaftliche Einheiten bilden nach dem BFH-Urteil vom 16. Februar 1979, BStBl II S. 279. Wird von einem größeren Grundstück eine Teilfläche verpachtet und errichtet der Pächter auf dieser Fläche ein Gebäude, ist die Teilfläche als besondere wirtschaftliche Einheit zu bewerten nach dem BFH-Urteil vom 6. Oktober 1978, BStBl 1979 II S. 37.

 

Ermittlung des Grundstückswerts nach § 145 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BewG

 

Bei der Bestimmung des Werts eines unbebauten Grundstücks ist vom Bodenrichtwert auszugehen § 145 Abs. 3 Satz 1 BewG). Maßgebend ist der tatsächliche Zustand des Grundstücks im Besteuerungszeitpunkt § 138 Abs. 1 Satz 2 BewG).

 

Die Bodenrichtwerte werden von den Gutachterausschüssen nach dem Baugesetzbuch auf den 1. Januar 1996 ermittelt.

 

Bei den Bodenrichtwerten handelt es sich um durchschnittliche Lagewerte, die sich für ein Gebiet mit im Wesentlichen gleichen Lage- und Nutzungsverhältnissen je Quadratmeter der unbebauten oder bebauten Grundstücksfläche ergeben.

 

Die Gutachterausschüsse sind verpflichtet, die Bodenrichtwerte für Zwecke der Bedarfsbewertung flächendeckend für bebaute Grundstücke und bei unbebauten Grundstücken zumindest für erschließungsbeitragspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland § 196 Abs. 1 Satz 1 BauGB festzustellen und den Finanzämtern mitzuteilen § 145 Abs. 3 Satz 2 BewG. Werden Bodenrichtwerte nicht flächendeckend ausgewiesen, haben die Gutachterausschüsse die Voraussetzungen zu schaffen, dass im Bedarfsfall eine den steuerlichen Anforderungen genügende, ergänzende Bodenrichtwertermittlung zum 1. Januar 1996 jederzeit möglich ist.

 

Sollten für Bauerwartungsland und Rohbauland keine Bodenrichtwerte ermittelt worden sein, ist der Wert dieser Grundstücksflächen aus den Bodenrichtwerten vergleichbarer Grundstücke abzuleiten.

 

Bauerwartungsland sind Flächen, die nach ihrer Eigenschaft, sonstigen Beschaffenheit und Lage eine bauliche Nutzung in absehbarer Zeit tatsächlich erwarten lassen. Diese Erwartung kann sich insbesondere auf eine entsprechende Darstellung dieser Flächen im Flächennutzungsplan, auf ein entsprechendes Verhalten der Gemeinde oder auf die allgemeine städtebaurechtliche Entwicklung des Gemeindegebiets gründen. Ist damit zu rechnen, dass die Flächen in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden und daher gemäß § 69 BewG als Grundvermögen anzusehen ist, werden diese Flächen regelmäßig mit 25% des Bodenrichtwerts für erschließungsbeitragsfreies vergleichbares Bauland angesetzt.

 

Rohbauland sind Flächen, die nach den §§ 30, 33 und 34 BauGB für eine bauliche Nutzung bestimmt sind, deren Erschließung aber noch nicht gesichert ist oder die nach Lage, Form oder Größe für eine bauliche Nutzung unzureichend gestaltet sind. Im Regelfall handelt es sich hierbei um größere, unaufgeschlossene Grundstücksflächen, die die Eigenschaft als land- und forstwirtschaftliches Vermögen verloren haben, selbst wenn sie noch land- und forstwirtschaftlich genutzt werden § 69 BewG. Bei der Ermittlung des Bodenwerts für Bruttorohbauland, dass die für öffentliche Zwecke benötigten Flächen des Planungsgebiets umfasst, ist regelmäßig von 50% des Bodenrichtwerts erschließungsbeitragsfreier vergleichbarer Baulandflächen auszugehen; Nettorohbauland ist regelmäßig mit 75% dieses Werts anzusetzen.

 

Für unbebaute baureife Grundstücke, die mit lagetypischen Merkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks übereinstimmen, ist der Bodenrichtwert anzusetzen. Lagetypische Merkmale sind insbesondere das Maß der zulässigen baulichen Nutzung, die sich in der Geschossflächenzahl, in der Anzahl der möglichen Geschosse, gegebenenfalls in der Grundstückstiefe, und der Grundstücksgröße ausdrücken kann, sowie die Unterteilung in erschließungsbeitragspflichtiges oder erschließungsbeitragsfreies Bauland. Der Wert von Grundstücken, die von den lagetypischen Merkmalen des Bodenrichtwertgrundstücks abweichen, ist aus dem Bodenrichtwert abzuleiten.

 

Wird in der Bodenrichtwertkarte zu dem Bodenrichtwert eine Geschossflächenzahl angegeben, ist bei Grundstücken, deren Geschossflächenzahl von der des Bodenrichtgrundwertgrundstücks abweicht, der Bodenwert nach folgender Formel abzuleiten:

 

Umrechnungskoeffizient für die Geschossflächenzahl x Bodenrichtwert / Umrechnungskoeffizient für die Geschossflächenzahl = Bodenwert pro m²

 

Das Ergebnis ist auf volle Euro/m² nach unten abzurunden.

 

Die Umrechnungskoeffizienten sind den Bewertungsstellen der Finanzämter zusammen mit den Bodenrichtwerten mitzuteilen. Liegen keine örtlich Umrechnungskoeffizienten vor, gelten die folgenden:

 

Geschossflächenzahl 

Umrechnungskoeffizient 

0,4 

0,66 

0,5 

0,72 

0,6 

0,78 

0,7 

0,84 

0,8 

0,90 

0,9 

0,95 

1,0 

1,00 

1,1 

1,05 

1,2 

1,10 

1,3 

1,14 

1,4  

1,19 

1,5 

1,24 

1,6 

1,28 

1,7 

1,32 

1,8 

1,36 

1,9 

1,41 

2,0 

1,45 

2,1 

1,49 

2,2 

1,53 

2,3 

1,57 

2,4 

1,61 

 

Haben die Gutachterausschüsse Umrechnungskoeffizienten in Abhängigkeit von der Grundstücksgröße vorgegeben, sind diese nur anzusetzen, wenn das zu bewertende Grundstück größer als das Bodenrichtwertgrundstück ist.

 

Sind die Bodenrichtwerte in Abhängigkeit von der Grundstückstiefe ermittelt worden, ist die Grundstücksfläche i Vorder- und Hinterland aufzuteilen. Dabei ist die Grundstücksfläche nach ihrer Tiefe in Zonen zu gliedern, deren Abgrenzung sich nach den Vorgaben des Gutachterausschusses richtet.

 

Für Frei- und Verkehrsflächen, die im Bebauungsplan als solche ausgewiesen sind und sich in privater Hand befinden, ist vom Bodenrichtwert ein angemessener Abschlag zu machen, soweit er nicht bereits in die Ermittlung des Bodenrichtwerts eingeflossen ist. Die Höhe des Abschlags ist unter Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalls zu bemessen.

 

Durch die Erschließung § 123 f. BauGB wird der Wert des Grundstücks erhöht. Die Erschließung ist jedoch regelmäßig kein werterhöhendes Merkmal des einzelnen Grundstücks, sondern werterhöhendes Merkmal sämtlicher Grundstücke an einer Straße oder in einer Gegend. Sie wird daher bereits im Bodenrichtwert berücksichtigt. Die Werterhöhung tritt ein, wenn die Erschließungsanlagen ganz oder in einem Bauabschnitt endgültig hergestellt sind. Es ist für den Wert des Grundstücks ohne Bedeutung, ob die Gemeinde Erschließungsbeiträge bereits angefordert hat oder ob sie Vorauszahlungen § 133 Abs. 3 BauGB) verlangt hat; ebenso ist es ohne Bedeutung, ob der Eigentümer des Grundstücks vor Abschluss der Erschließung Vorauszahlungen geleistet hat. Weicht der tatsächliche Erschließungszustand des zu bewertenden Grundstücks von dem des Bodenrichtwertgrundstücks ab, ist dies bei der Ermittlung des Bodenwerts gegebenenfalls in Abstimmung mit dem Gutachterausschuss zu berücksichtigen.

 

Der nach bisherigem Schema ermittelte Bodenrichtwert ist um 20% zu ermäßigen. Weitere wertbeeinflussende Merkmale, wie zum Beispiel

  • Ecklage,
  • Zuschnitt,
  • Oberflächenbeschaffenheit des Baugrundes und
  • Außenanlagen

bleiben außer Ansatz und sind durch den Abschlag von 20% abgegolten.

 

Andere wertmindernde Umstände, zum Beispiel

  • Lärm-,
  • Staub- oder
  • Geruchsbelästigungen,
  • Altlasten sowie
  • Grunddienstbarkeiten

sind ebenfalls durch den Abschlag abgegolten.

 

Nachweis des niedrigeren Verkehrswerts nach § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG

 

Abweichend von der Wertermittlung nach § 145 Abs. 3 Sätze 1 und 2 BewG ist der niedrigere gemeine Wert (Verkehrswert) nach den Wertverhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt festzustellen, wenn der Steuerpflichtige diesen nachweist gemäß § 145 Abs. 3 Satz 3 BewG. Als Nachweis ist regelmäßig ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen oder des örtlich zuständigen Gutachterausschusses erforderlich. Auch ein im gewöhnlichen Geschäftsverkehr innerhalb eines Jahres vor oder nach dem Besteuerungszeitpunkt zustande gekommener Kaufpreis über das zu bewertende Grundstück kann als Nachweis dienen. Es bestehen keine Bedenken, diesen Wert regelmäßig ohne Wertkorrekturen als Grundstückswert festzustellen.

 

Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder.

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Kommentare: 1
  • #1

    Sebastian (Donnerstag, 04 August 2022 21:35)

    Bitte aktualisieren: 179 BewG kennt keine 20 Prozent Abschlag mehr.