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Doppelbesteuerung von Alterseinkünften

Heute geht es um die Rente, also steuerlich natürlich hochoffiziell um die Besteuerung von Alterseinkünften. Oft ist uns nämlich nicht klar, dass auch diese Einkünfte einer Besteuerung unterliegen können.


… und ja, das ist wirklich kein Witz! Die Regelung des § 22 EStG ist eindeutig und regelt - basierend auf dem jeweiligen Rentenbeginn - feste gesetzlich geregelte Besteuerungsanteile!!

 

Ist die Doppelbesteuerung von Alterseinkünften nicht verfassungswidrig? 

Wenn Beiträge zur Rentenversicherung aus bereits versteuertem Einkommen gezahlt werden und dann später in der Auszahlungsphase noch einmal besteuert werden, liegt eine sogenannte Doppelbesteuerung vor. Das Thema ist für immer mehr Neurentner interessant. Denn vor allem bei Renten mit einem hohen steuerpflichtigen Anteil auch Besteuerungsanteil genannt kann es zunehmend zu einer verfassungswidrigen Doppelbesteuerung kommen. Betroffen sein können vor allem ehemals Selbstständige ohne steuerfreien Arbeitgeberbeitrag, aber auch Arbeitnehmer – umso wahrscheinlicher, je näher der Rentenbeginn am Jahr 2040 liegt und je höher der Arbeitslohn in der Zeit vor 2005 war. 

 

So ist bei Rentenbeginn im Jahr 2040 die Rente voll steuerpflichtig, also liegt hier der Besteuerungsanteil bei 100%, die hierfür eingezahlten Beiträge sind aber nur 15 Jahre lang (von 2025 bis 2039) voll absetzbar.

§ 22 EStG ist einer dahingehenden abweichenden verfassungsgemäßen Auslegung, dass einzelne Besteuerungsgrundlagen aus der Besteuerung ausgenommen werden, nicht zugänglich. 

 

Inzwischen ist dazu ein Musterverfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) anhängig. Worum geht es dabei genau und was bringt uns das? 

 

Das Urteil vom Finanzgericht Köln  (18.05.2020)

Folgender Sachverhalt war ursächlich: Die Beteiligten streiten über die offenen Fragen, ob die dem Kläger in den Streitjahren zugeflossenen Rentenbeträge der Besteuerung zu unterwerfen sind und ob Zahlungen des Klägers im Zusammenhang mit einer Beteiligung als Kommanditist im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. 

 

Der Kläger ist der Auffassung, die Besteuerung der Renteneinkünfte sei rechtswidrig. 

 

Beide Renten resultierten aus Beiträgen, welche ihrerseits aus bereits versteuertem Einkommen geleistet worden seien. Der Kläger ist daher der Ansicht, die Versteuerung der gesetzlichen Rentenbezüge und der Rente aus dem Versorgungswerk sei verfassungswidrig, weil somit eine Doppelbesteuerung erfolgt. 

 

Das Finanzgericht Köln führt Folgendes zur Urteilsbegründung aus: 

Von einer Verfassungswidrigkeit der Regelungen zur Alterseinkünftebesteuerung ist das Finanzgericht nicht überzeugt und hält deshalb eine Aussetzung des Verfahrens und die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgericht  nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG in Verbindung mit § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG für nicht notwendig.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat mehrfach entschieden, dass der Gesetzgeber mit der Neuausrichtung der Besteuerung von Vorsorgeaufwendungen und Alterseinkünften auf die nachgelagerte Besteuerung durch das Alterseinkünftegesetz grundsätzlich eine Regelung geschaffen hat, die mit dem Gleichheitssatz vereinbar ist. Auch die Grenzen, die dem Gesetzgeber durch das Verbot der Doppelbesteuerung gezogen sind, sind nicht überschritten, solange und soweit die Beitragsleistungen "steuerfrei" gestellt werden. Danach bestehen insbesondere auch keine Bedenken im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes.

 

Auch der Bundesfinanzhof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung zu dem mit dem Alterseinkünftegesetz vollzogenen Systemwechsel zum einen die nunmehr grundsätzlich volle Einkommensteuerpflicht von Leibrenten und anderen Leistungen aus der Basisversorgung - auch im Vergleich zu anderen, weiterhin nicht voll steuerpflichtigen Bezügen wie etwa Auszahlungen aus Verträgen über Lebens- oder private Rentenversicherungen - als verfassungsgemäß angesehen!

 

Darüber hinaus hält der Bundesfinanzhof auch die Grundsystematik der gesetzlichen Übergangsregelungen - insbesondere das Fehlen einer Differenzierung zwischen früheren Arbeitnehmern und früheren Selbständigen bei der Festlegung der Höhe des Besteuerungsanteils - für verfassungsgemäß. 

 

Als möglicher Gegenstand einer Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Abs.1 Satz 1 2. Alt. AO kommen nur bestimmte einzelne Besteuerungsgrundlagen in Betracht. Dies verlangt für jede einzelne Besteuerungsgrundlage die bei der Steuerfestsetzung aus Billigkeitsgründen unberücksichtigt bleiben soll, eine  isolierte Einzelprüfung und -entscheidung . 

 

Sollte im Streitfall - wie vom Kläger vorgetragen - tatsächlich eine vom Gesetzgeber nicht gewollte doppelte Besteuerung von Einkünften gegeben sein, so wäre  in einem Verfahren nach § 163 Abs. 1 AO zu prüfen,  ob - entgegen dem Wortlaut der materiell-rechtlichen Regelung des § 22 EStG , an welche die Finanzbehörde nach § 85 AO gebunden ist - in den Streitjahren ausnahmsweise im Billigkeitswege einzelne Renteneinkünfte von der Besteuerung auszunehmen wären. Eine solche Billigkeitsprüfung ist vom Kläger (noch) nicht beantragt und vom FA (noch) nicht abgelehnt worden.

 

Die Revision ist anhängig; unter dem Aktenzeichen BFH-Az.: X R 18/20.

 

 

EXKURS zu Artikel 3 des Grundgesetzes

Dort finden wir den Grundsatz das alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

 

Wie können wir eine solche Doppelbesteuerung umgehen?

Gegen die Doppelbesteuerung von eingezahlten Rentenbeiträgen und darauf beruhenden Rentenzahlungen können wir uns erst dann wehren, wenn wir in Rente gehen – vorher betrifft uns die Besteuerung von Alterseinkünften nicht, sagt der Gesetzgeber.

 

Aber: Wir dürfen gegen eine doppelte Besteuerung bereits bei Beginn des Rentenbezugs vorgehen. Es kann nicht unterstellt werden, dass zu Beginn des Rentenbezugs zunächst nur solche Rentenzahlungen geleistet werden, die sich aus steuerentlasteten Beiträgen speisen. Das hat der Bundesfinanzhof klar und deutlich entschieden mit dem Urteil vom 21.06.2020 unter dem Aktenzeichen X R 44/14.

 

Wenn wir dann gegen die zweifache Besteuerung vorgehen möchten, müssen wir nachweisen, dass es in diesem konkreten Fall zu einer doppelten Besteuerung kommt. Wenn uns das gelingt, kann es aus verfassungsrechtlichen Gründen "ein Anspruch auf eine Milderung des Steuerzugriffs in der Rentenbezugsphase zukommen".

 

Das sind gleich zwei Probleme, vor denen wir stehen. Die Nachweispflicht liegt bei uns – und das ist nicht unbedingt einfach einen Nachweis zu erbringen und wie eine Milderung des Steuerzugriffs konkret aussieht, ist nicht definiert.

 

Aber Hilfe naht und daher auch schon jetzt ein Hinweis für die Zukunft!!! 

Bitte vorsichtshalber auf jeden Fall alle Steuerbescheide aufheben!!!

 

Denn als Nachweis eignen sich am besten die früheren Steuerbescheide. Es genügen auch Rentenversicherungsverläufe, aus denen sich die Beiträge zur Sozialversicherung ermitteln lassen (nicht aber andere Versicherungsbeiträge). 

 

Unter Umständen kann der Anteil der aus versteuertem Einkommen geleisteten Rentenbeiträge auch nach sachgerechten Maßstäben geschätzt werden.

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Kommentare: 1
  • #1

    Annett' (Montag, 08 Februar 2021 17:23)

    Liebe Frau Heinz-Zentgraf,
    mein Mann ist jetzt ab Februar Rentner und diese Tipps kommen mir gerade recht.
    Dankeschön, ich werde mich an Sie wenden, wenn es dann soweit ist.
    Mit freundlichen Grüßen